Kniefall von Dortmund

Von Karl Rehnagel

Am Wochenende war fußballfrei – zumindest für uns –, und so konnte man sich den wichtigen Dingen im Leben widmen: Knieübungen, Boule spielen und lecker Bierchen im Schrebergarten. Im Fernsehen waren Jogis Sturmtruppen zu bewundern, was ich aus vielerlei Gründen ablehne. 1. Jogi Löw. 2. Jogi Löw. 3. Jogi Löws Auswahltruppe aus gestandenen Nichtdenkern und Jasagern wie Timo Werner, Julian Draxler, Joshua Kimmich oder Jérôme Boateng. Nicht zu vergessen Sandro Wagner („Gemessen an all dem, was man aufgibt, finde ich, dass auch die bei Bayern zu wenig verdienen – selbst 12 Millionen oder so“). Alles aalglatte, tiefdumpfe Gestalten, die in meinem Schrebergärtchen noch nicht mal einen Stuhl angeboten bekämen, geschweige denn ein kühles Bier. Und 4.: Ich kann mit Nationen nichts anfangen, mit Nationalmannschaften also auch nicht, und wenn schon überhaupt wäre ich für Holland (weil man damit den deutschen Pöbel so gut ärgern kann) oder für die Föderierten Staaten von Mikronesien, weil ich auch klein bin oder einfach so, ganz ohne Grund.

Und sonst? Die Bayern haben sich in der Trainerfrage eine Ehefrau (Heynckes) und eine Geliebte (Tuchel) gehalten. Das ist eigentlich immer eine saudumme Idee und so ging das auch diesmal schief: Die Ehefrau hört jetzt auf – und die Geliebte? Hat urplötzlich einen neuen Freund, Arsenal London oder Paris St. Germain, das weiß man nicht genau. Aber genau weiß man: Tuchel hat den Bayern abgesagt und die stehen nun genau so dumm da wie jeder andere Kasper, der meint, dies böse Spiel mit zwei Damen gewinnen zu können. Recht so.

Und sonst noch? Bei der Liga-Versammlung votierten 18 von 34 anwesenden Vereinen für die Beibehaltung von 50+1. Also vorerst keine Übernahme der Bundesliga durch Scheichs aus Dubai und Oligarchen aus Russland. Ich finde das prima, Karl-Heinz Rummenigge nennt die überraschende Kampfabstimmung der DFL „Stillstand“ und „vermisst Visionen“. Wundert mich überhaupt nicht. Visionen heißt bei Rummenigge nichts anderes als Geld und noch mehr Geld. Und noch mehr Geld.

Und sonst noch so? Meine Knie-OP war erfolgreich, aber gruselig. Ambulante Station, Sekretärinnen ohne Ahnung, ein mutmaßlich russischer  Anästhesist, dessen „Aufklärung“ zur Vollnarkose lautete „Vielrrrauchen?“. Ich: „ja“. Er „ok, unterschrrreiben“. Aufklärung beendet. Gefolgt von zwei nackten, informationsfreien Stunden auf einer Liege im Kalten, einzig unterbrochen von dem Ausruf „Stromausfall!“. Keine 123 Minuten später holt mich der Arzt in den OP, mit dem Satz „Leider nur Notstrom, keine Musik heute“. Während ich ihn noch strohblöd anglotze springt der Strom wieder an, er „Hurra“ und haut auf eine Taste. Es erklingt Scooter mit „Hyper Hyper“. Ich gucke den Anästhesisten mit Tränen in den Augen an und bettele um Tiefschlaf für immer. Was jetzt nicht ganz geklappt hat, aber den Rest von der OP und von „Scooter“ habe ich dann verschlafen dürfen. Und das alles war KEIN Traum.

Ein Traum bleiben wird für unseren BVB ein Sieg am Samstag in München. Ich werde trotzdem in die Stammkneipe humpeln. Und halte es einfach mit Claus Dieter (Pelé) Wollitz „Ich kann mir aber doch nicht in jeder Halbzeit das Leben nehmen.“ Aber ein Bierchen wohl.

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"Kniefall von Dortmund", UZ vom 29. März 2018



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