Seit dem 9. September läuft der Streik beim Pflegepersonal von Vivantes und Charité und bei den Vivantes-Tochterfirmen. Die Geschäftsführung von Vivantes hat noch immer kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt, an der Charité gibt es zumindest Verhandlungen. Zu Beginn des unbefristeten Streiks beteiligten sich insgesamt bis zu 1.000 Beschäftigte. An allen elf Klinikstandorten wurde der Betrieb eingeschränkt, ver.di forderte bei Vivantes die Sperrung von 850 Betten.
Obwohl es zu keiner Notdienstvereinbarung gekommen war, konnten Teilbereiche planmäßig stillgelegt werden. Pro Standort waren ein bis drei Stationen komplett zu, Streikposten nahmen ihre Arbeit auf. Außerdem wurde am ersten Streiktag zu einer Demonstration mobilisiert, deren Auftakt am Amtssitz des Finanzsenators Matthias Kollatz (SPD) stattfand. Dort versammelten sich circa 1.000 Streikende und einzelne Unterstützer. Die Demonstration führte zum Sitz der Gesundheitsverwaltung des Senats.
Bei der lautstarken Auftaktkundgebung zeigten Aktive aus verschiedenen Bereichen in Redebeiträgen ihre Entschlossenheit. Kollatz, der dem Aufsichtsrat der landeseigenen Vivantes GmbH vorsitzt, wurde aufgefordert, herauszukommen und endlich Stellung zu beziehen, was er natürlich nicht tat. Stattdessen kam wenige Tage später seine Ablehnung: Es sei dem Senat nicht möglich, Vivantes Weisungen zu erteilen und zusätzliche Haushaltsmittel zur Finanzierung der Kliniken bereitzustellen. Das gäbe das Finanzierungsprinzip und das Wettbewerbsrecht nicht her. Im Übrigen habe Vivantes ein Angebot vorgelegt. Der Senator vergaß zu erwähnen, dass das Angebot weit hinter den Forderungen zurückbleibt und damit für die Gewerkschaft nicht verhandlungsfähig ist.
In der vergangenen Woche steigerte Vivantes seine Repression gegen Streikende und Streikwillige. Einerseits wurden, neben den üblichen Kündigungsdrohungen, Auszubildende aus der Pflegeschule nach Hause geschickt zum digitalen Unterricht – ein Lockdown wegen des Streiks? Andererseits verschickte die Geschäftsführung reihenweise Abmahnungen. Aktive Streikende erhielten solche Abmahnungen wegen nichtiger Anlässe, formuliert mit Textbausteinen im Stil von Serienbriefen. Neben der alltäglichen Desinformation soll das die Aktiven einschüchtern und zermürben.
In der Auseinandersetzung spielt immer wieder eine Rolle, dass nach Meinung der Klinikleitung während Verhandlungen der Streik ausgesetzt werden müsse. Tatsächlich ist die Tarifkommission jederzeit verhandlungsbereit und wird den Streik nicht unterbrechen, nur um zu einem Verhandlungstermin zu kommen.
Zu Streikbeginn äußerten sich auch die ärztlichen Direktoren von Vivantes mit einem offenen Brief zu Wort. Darin bekunden sie ihre entschiedene Ablehnung des Streiks und behaupten, der Streik bedeute eine akute Gefährdung der Patienten. Was in der Vivantes-Ärzteschaft tatsächlich gedacht und gesagt wird, offenbart eine andere Zahl. Seit Beginn des 100-Tage-Ultimatums kursiert eine Unterstützungserklärung der Ärzte für die Ziele der Berliner Krankenhausbewegung. Ende August unterstützten bereits 260 Ärzte diese Erklärung.
Bei den Vivantes-Tochterunternehmen war der Streik auf zwei Tage befristet. Am zweiten Tag kam erstmals von der Geschäftsführung ein Angebot, in dem von TVöD-Angleichung zumindest die Rede war. Das Angebot sieht erst das Jahr 2028 für die volle Angleichung vor. Weil die Beschäftigten keine sieben Jahre darauf warten wollen, lehnte die ver.di-Tarifkommission den Vorschlag ab.
Für Dienstag und Mittwoch dieser Woche hat ver.di auf die Ausweitung des Streiks und die Stilllegung weiterer Stationen orientiert. Danach will die Gewerkschaft den Ausstand mit geringerer Intensität fortsetzen, weitere Aktionen und Demonstrationen sind geplant. Ziel ist es, die Klinikleitung endlich zu einem verhandlungsfähigen Angebot zu bewegen.