… ohne Kommerz und Werbung, die die Sportler mehr gefährden als ihnen zu nützen

Klettern wäre so schön …

Von Carmen Peters

Klettern ist modern. Kein Wunder, indem man versucht von Griff zu Griff zu gelangen, gestaltet sich eine Kletterhalle wie ein Spielplatz für Erwachsene. Klettert man am Seil, hat es außerdem den Vorteil, seine möglichen Höhenängste anzugehen und ist durch die Sicherung des Partners eine Vertrauensherausforderung. Für diejenigen, die sich lieber ohne Seil und in geringer Höhe erproben möchten, gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten diesen Sport, der dann „Bouldern“ genannt wird, auch in eigens dafür errichtete Hallen auszuüben. Motiviert von anderen Kletterern, die gemeinsam schwierige Routen angehen und von der Vorstellung, auch so einen muskulösen Oberkörper zu bekommen, wie er sich überall um einen herum zeigt, vergisst man schnell die schmerzenden Arme und wunden Finger.

Doch wo Beliebtheit, da ist der Kommerz nicht weit. War es zuerst vor allem der Deutsche Alpenverein (DAV), der mit Kletterhallen die Möglichkeit bot, auch in Wintermonaten das Klettern zu trainieren und im Norden damit fehlende Felsen imitierte, hat er nun große Konkurrenz von privatwirtschaftlichen Unternehmen bekommen. Längst sind es keine reinen Sportstätten mehr. Meistens ist ein Café angegliedert, werden zahlreiche Kurse und Kindergeburtstage abgehalten und können Firmen Events buchen. Doch auch sonst mangelt es den vielen Hallen, trotz steigender Preise, nicht an Gästen. Werbung und Filme tun ihr Bestes dazu. Mutige, starke Männer und Frauen überwinden scheinbar tänzelnd gewaltige Berge, gehen an ihre Grenzen und sind frei. Diese Illusion wird von coolen Klamotten unterstrichen, die es in jeder Halle und jedem Sportgeschäft zu kaufen gibt. Logisch, dass sich viele von dieser Vorstellung angezogen fühlen. Viele klettern intensiv in der Halle.

Irgendwann wagen sie dann den Schritt in die Natur, an den echten Fels. Auch die Klettergebiete sind zu bestimmten Zeiten, wie Ostern, voll. Angereist wird mit dem ausgebauten Bus, übernachtet auf dem Campingplatz mitten im Klettergebiet, an dem fast ausschließlich Kletterer nächtigen. Outdoorläden gibt es in beliebten Gebieten wie Fontainebleau oder Finale Ligure wie Sand am Meer. Draußen zu klettern bedeutet, dass allerdings viel mehr zu beachten ist. Einen gesunden Respekt vor der Natur und ihren Dimensionen sollte man auch haben. Das ist wohl einigen der Hallenkletterer nicht klar. So wird ein Kletterausflug schnell mal zu einer gefährlichen Angelegenheit. Sicherheit wird allerdings in den Filmen und Werbungen nicht thematisiert. Im Gegenteil: Die Reel Rock Film Tour, bei der die „besten“ Kletterfilme gezeigt werden, setzt auf Extremsport. Gefördert von Firmen wie Red Bull soll es immer höher, länger ohne Seil, waghalsigere Aktionen geben. Das lässt das Publikum seine Ziele höher stecken und noch mehr Zeit und Geld in den Klettersport fließen.

Natürlich gibt es viele, die den Sport wegen der Freude, der Bewegung und der Naturverbundenheit machen. Besonders in bergigen Gegenden bietet der Sport, wenn man erst einmal alle mögliche (teure) Ausrüstung hat, eine günstige Möglichkeit, Urlaub zu machen. Dadurch, dass man sich am Fels vollkommen auf das Hier und Jetzt konzentriert, bietet es eine wunderbare Möglichkeit, dem Stress auf Arbeit und Studium zu entkommen und sich durch das Erreichen der Spitze eine Portion Stärke zurückzuholen.

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"Klettern wäre so schön …", UZ vom 5. Januar 2018



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