Intensive und disziplinierte Debatten auf dem 22. Parteitag der DKP

Kleine, wichtige Schritte

Von Lars Mörking

Die 166 Delegierten des 22. Parteitages der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) haben ein Wochenende intensiver Debatten hinter sich. Vom 2. bis 4. März kamen sie in Frankfurt a. M. zusammen, um Beschlüsse zur Stärkung der Partei zu fassen und einen neuen Parteivorstand zu wählen. Einig waren sich die Delegierten in dem Beschluss, dass 20. Pressefest am 7. bis 9. September in Dortmund durchzuführen. Zur Vorfinanzierung des größten Festes der Linken in Deutschland waren bis zum Ende des Parteitages 50 477 Euro gesammelt worden – die DKP hatte sich zum Ziel gesetzt, bis zum Parteitag 40 000 Euro zu sammeln.

Die Delegierten wählten Patrik Köbele, 56 Jahre alt, IT-Berater aus Essen, mit 85 Prozent der Stimmen erneut zum Parteivorsitzenden. Wera Richter und Hans-Peter Brenner wurden mit 87 Prozent bzw. 71 Prozent als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. In den Parteivorstand wurden weitere 11 Genossinnen und 18 Genossen gewählt.

Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten den Leitantrag des Parteivorstandes (bei 14 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen). Die DKP sieht die politische Perspektive im Kampf für eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt, dafür will sie im Kampf alle Kräfte sammeln, deren Interessen im Widerspruch zur Offensive der Monopolkonzerne steht. Über den Leitantrag sagte der stellvertretende DKP-Vorsitzende Hans-Peter Brenner: „Wir haben eine Strategie formuliert, wie wir die Gesellschaft auf revolutionärem Weg verändern wollen – wer hat die schon? Aber dabei machen wir nicht Tabula rasa, wir knüpfen an die bisherige Politik und Programmatik unserer Partei an.“ Mit ihrer Vorstellung einer Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt beschreiben die Kommunistinnen und Kommunisten das Ziel, ein Ende der Offensive der Monopole zu erkämpfen.

Ein weiteres Ergebnis der Beratungen des Parteitages ist, dass die DKP-Mitglieder bis zum UZ-Pressefest 30 000 Unterschriften für den Aufruf „Abrüsten statt Aufrüsten“ sammeln wollen. Mit diesem Aufruf hatte sich im vergangenen November ein breiter Kreis von Persönlichkeiten gegen das zwei-Prozent-Ziel der NATO zur Aufrüstung ihrer Mitgliedstaaten gewandt. Bei Aktionen der Friedensbewegung, in ihren Stadtteilen und an ihren Arbeitsplätzen werden Kommunistinnen und Kommunisten in den nächsten Monaten Unterschriften sammeln. Die Arbeit mit diesem Aufruf wird einen Schwerpunkt der Parteiarbeit bilden. Rainer Braun, der für die Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ ein Grußwort hielt, erinnerte daran, dass schon in den 80er Jahren der Beitrag der Kommunisten entscheidend für die Friedensbewegung war. Braun sagte, er hoffe, dass mit Unterstützung der DKP bis zum UZ-Pressefest im September insgesamt 100 000 Unterschriften unter den Aufruf der Kampagne gesammelt werden können.

Intensiv wurde die Debatte um den Unvereinbarkeitsbeschluss zum „Netzwerk Kommunistische Politik“ geführt. Er enthält eine Absage an die Umformung der DKP von einer kommunistischen zu einer Strömungspartei. Kritiker des Beschlusses sehen in ihm eine Ausgrenzung der sich dem Netzwerk zurechnenden Genossinnen und Genossen und befürchten eine Schwächung der Partei. Sekretariatsmitglied Michael Grüß, der den Antrag für den Parteivorstand begründete, bedauerte, dass es dem Parteivorstand nicht gelungen sei, die ideologischen Zerwürfnisse zu überwinden. Sie seien im Gegenteil in eine getrennte politische Praxis umgeschlagen, die die DKP auf Dauer nicht aushalte. Eine Überwindung könne es ohne eine gemeinsame Praxis aber nicht geben. Er bat die zum Netzwerk gehörenden Genossen, in den Strukturen der Partei zu streiten und gemeinsam darum zu kämpfen, die Partei zu stärken. In der anschließenden Aussprache entgegnete Petra Jahn, dass es nicht das Netzwerk sei, das die Stärkung der Partei beeinträchtige, das Gegenteil sei der Fall. Gemeinsames Handeln heiße auch, dass diskutiert werden müsse, wie Beschlüsse unter bestimmten Bedingungen umsetzbar seien.

Die Debatte wurde zeitweise emotional, insgesamt aber überwiegend sachlich und sehr diszipliniert geführt. Der Antrag zur Unvereinbarkeit mit dem „Netzwerk Kommunistische Politik“ wurde mit 109 Ja-Stimmen, 42 Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen angenommen. Beifall gab es für die anschließende persönliche Erklärung von Detlef Fricke, in der er ankündigte, nicht aus der DKP auszutreten. Er werde die Genossinnen und Genossen, die sich dem Netzwerk zugehörig fühlen, über den Beschluss informieren, damit diese sich dann eine Meinung bilden könnten.

Der Antrag „Für Frieden, Arbeit, Solidarität – DKP stärken“ solle dazu dienen, mehr rot auf die Straße zu bringen, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Wera Richter: „Heran an die Klasse, heran an die Jugend, neue Mitglieder gewinnen – dafür die Gruppen stärken und darauf die Leitungsarbeit konzentrieren“. Um zur Stärkung gewerkschaftlicher Kämpfe beizutragen, beschlossen die Delegierten, die Arbeit in Branchengruppen zu verstärken. Neben der bereits bestehenden Branchengruppe „Gesundheit“, in der DKP-Mitglieder, die im Gesundheitswesen beschäftigt sind, Erfahrungen austauschen und Aktivitäten planen, wird die DKP nun auch eine Branchengruppe für das Bildungs- und Erziehungswesen ins Leben rufen. Wera Richter schätzte ein: „Mit unseren Beschlüssen gehen wir kleine, aber wichtige Schritte, um die Arbeit der DKP in Betrieb und Gewerkschaft zu stärken.“ 90 Prozent der Parteitagsdelegierten sind Mitglied einer Gewerkschaft, knapp die Hälfte von ihnen hat Funktionen in Gewerkschaften, Betriebs- oder Personalräten.

Viel Applaus gab es für die Gäste des DKP-Parteitages: Der kubanische Botschafter Ramón Rapoll richtete den Delegierten Grüße der Kommunistischen Partei Kubas aus. Ulrich Schneider betonte als Bundessprecher der VVN-BdA die Verbundenheit zwischen seiner Organisation und der DKP. Alice Bernard berichtete für die belgische Partei der Arbeit (PTB-PVDA) davon, dass ihre Partei in den letzten Jahren stark gewachsen ist und nun gefragt wird, ob sie nach der Parlamentswahl im kommenden Jahr in eine Regierung eintreten werde. Ihnen gehe es aber weder um Wählerstimmen noch um Ministerposten – „Unser Ziel ist, den Kapitalismus zu zerschlagen und den Sozialismus aufzubauen. Wir werden das schaffen, weil wir Optimisten sind, weil wir Kommunisten sind.“ Außerdem verfolgten diplomatische Vertreter Chinas und Vietnams als Gäste die Debatte. Weitere Grußworte hielten Uli Brockmeyer von der Kommunistischen Partei Luxemburgs und Chuck Barkey von der Neuen Kommunistischen Partei der Niederlande, der Vorsitzende der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), Jan Meier, und der Vorsitzende des Rotfuchs-Fördervereins, Arnold Schölzel.

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"Kleine, wichtige Schritte", UZ vom 9. März 2018



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