Zu bevorstehenden Dividendenausschüttungen

Klasse gegen Klasse

Durch magere Gehaltsentwicklungen und unzureichende Unterstützungszahlungen sinken die Realleinkommen der meisten Empfänger von Tariflöhnen, Lohnersatzleistungen oder Renten Anfang dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 5 bis 10 Prozent. Sie müssen ihren Gürtel enger schnallen.

Freuen können sich trotz – oder wegen – Krieg und Krise die auf der anderen Seite dieser immer mehr in ihre zwei Hauptklassen zerfallenden Gesellschaft. Am 3. Mai wird die Hauptversammlung von Mercedes-Benz die jetzt vom Vorstand vorgeschlagene Ausschüttung von Dividenden für die Aktionäre der Stuttgarter Edelmarke beschließen: Das für diesen Tag vorbereitete Füllhorn sieht eine Ausschüttungssumme von 5,349 Milliarden Euro für die Damen und Herren Couponschneider vor. Einen Tag später ist die Allianz dran: 4,434 Milliarden soll es dort regnen. BMW will seine Aktionäre eine Woche später mit fast derselben Summe beglücken: 4,433 Milliarden Euro. So geht das im ganzen Frühjahr weiter – insgesamt wollen die im Deutschen Aktienindex DAX verzeichneten großen Unternehmen rund 55 Milliarden für ihre Eigentümer bereitstellen. Die Gewinne hätten, so berichtete die FAZ Anfang Januar, „Rekordniveau erreicht“.

Damit bestätigt sich die historische Erfahrung aller im kapitalistischen Zeitalter wie Seuchen regelmäßig über die Menschheit herziehenden Kriege: Sie bringen nicht nur unendliches Leid über diejenigen, die direkt in den Knochenmühlen der Kämpfe an den Fronten und in den bombardierten Städten zermalmt werden. Militärische und Wirtschaftskriege nach außen sind immer auch Wirtschaftskriege nach innen. Unter der Decke der patriotischen Opferbereitschaft und im Windschatten der in Kriegszeiten zuverlässig anziehenden Inflation erhöhen diejenigen Monopole, die es irgendwie können, ihre Preise so, dass die Gewinnmargen nicht etwa schrumpfen, sondern steigen. Sie stärken dabei nicht nur ihre Eigenkapitalbasis, sondern auch die prall gefüllten Geldbörsen der Villen- und Porschebesitzer. Diese kalte Gewalt der Umverteilung ist der Windhauch, der uns hier unten schon vor dem heißen Krieg darben und frieren lässt – wenn wir uns gegen die Klasse, die sich gerade auf unsere Kosten die Taschen vollstopft, nicht wehren.

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"Klasse gegen Klasse", UZ vom 20. Januar 2023



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