In Asien legt man Wert auf Umgangsformen. Das hat dem Bundeskanzler vor seinem Besuch in Vietnam entweder keiner gesagt oder er hat es schon wieder von seiner Festplatte gelöscht. Jedenfalls gab er sich, der bei öffentlichen Auftritten oft sediert wirkt, als hätte er das seiner Außenministerin zugedachte Ritalin verputzt, so kregel wie ein Wiedehopf im Mai.
Ganz undiplomatisch forderte er von seinen Gastgebern eine „klare Positionierung“ gegen Russland und dessen „Bruch des Völkerrechts mit Präzedenzwirkung“. In Hanoi hat man allerdings ein besseres Gedächtnis als der teildemente Sozialdemokrat und erinnerte sich zahlloser „Präzedenzfälle“ von Völkerrechtsbrüchen der letzten 70 Jahre, an denen erst die BRD und dann das größerdeutsche Regime in irgendeiner Weise die Finger drin hatte. Die vietnamesischen Medien deckten gnädig den Fettnapf, in den Scholz getreten war, mit der Flauschdecke des Schweigens zu.