Gewalt in Nicaragua von Bischöfen organisiert

Kirche als Drahtzieher

Von Enrique Herrera, Managua

Die zerstörerische „Alianza Cívica“, die hinter den gewalttätigen „Protesten“ der vergangenen Monate in Nicaragua steckt, wurde offenbar von Bischöfen organisiert.

„Wir haben diese Allianz gegründet“, erklärte Managuas Weihbischof Silvio Baez, Mitglied der Bischofskonferenz von Nicaragua. „Sie hat keine soziale Basis. Wir müssen ihr eine soziale Basis geben.“ Darin seien auch Opportunisten, Kriminelle und Drogenhändler willkommen. Dieses Eingeständnis wurde durch die Tonaufnahme einer Rede bekannt, die Baez im Oktober vor Gefolgsleuten hielt. Baez witzelte über die Vorstellung einer Ermordung Daniel Ortegas und forderte eine Neuauflage der „Blockiererei“. Er bezeichnete die Präsidenten von Bolivien, Venezuela und Nicaragua als Dummköpfe, weil sie keine Akademiker seinen. Baez gab die Echtheit der Tonaufnahme zu, die vom Sender Radio Sandino veröffentlicht wurde, sah sich aber trotzdem als Opfer eine Verleumdungskampagne. Kardinal Leopoldo Brenes, der Vorgesetzte von Baez, bedauerte lediglich, dass „ein privates Gespräch mitgeschnitten wurde“.

Zwischen April und August gingen von den Straßenblockaden der „Alianza Civica“ die Zerstörung öffentlicher Einrichtungen, Entführungen, Folterungen und Morde von FSLN-Mitgliedern und Polizisten aus. Das Ziel des Terrors war der Sturz der FSLN-Regierung und die Auflösung aller staatlichen und kommunalen Institutionen, um eine den Interessen der USA genehme Junta einzusetzen.

Präsident Daniel Ortega hatte im Mai die Bischofskonferenz gebeten, in einem „Nationalen Dialog“ zu vermitteln. Aber Bischöfe und andere Geistliche unterstützten unter dem Deckmantel seelsorgerischer Arbeit logistisch und propagandistisch die Umsturzaktionen der „Alianza Cívica“. „Ich habe in meinen Predigten Bibelzitate mit Politik vermischt, aber die Leute haben das nicht bemerkt, weil sie Ignoranten sind“, prahlte Baez. Aktivisten der katholischen Basisgemeinde sammelten fast ein halbe Million Unterschriften für die Forderung an den Vatikan, er solle Baez aus Nicaragua abberufen, weil er ein Hindernis für Frieden und Aussöhnung sei.

Die Oppositionsallianz versucht, die Rückkehr zur Normalität in Nicaragua durch Sabotage der Wirtschaftsalltags und Beunruhigung der Bevölkerung zu verhindern. Unterstützt durch die antisandinistischen Medien, darunter die zwei größten Tageszeitungen, rufen sie zum vorweihnachtlichen Konsumboykott und zur Bestreikung der staatlichen Tankstellen auf, fordern die Einstellung von Flügen nach Nicaragua, verbreiten Falschmeldung wegen angeblicher Nichtzahlung des Weihnachtsgelds und kündigten in den USA die Bildung einer politischen Exil-Führung an.

In Nicaragua stehen Dutzende von Verantwortlichen für die kriminellen Umsturzaktionen der vergangenen Monate vor Gericht. Unter ihnen laut Presseberichten mindestens sechs pensionierte Armeeoffiziere. Einige von ihnen sind seit Jahren Mitglieder der Partei der sogenannten sandinistischen Erneuerung MRS, die sich nach der Wahlniederlage 1990 von der FSLN abgespalten hatte, um in einer dauerhaften Allianz mit dem politischen Konservatismus eine erneute FSLN-Regierung mit Daniel Ortega als Präsident zu verhindern. Auch sandinistische Guerilleros, die später zu Militärkommandeuren oder Regierungsfunktionären wurden, kamen aus den konservativen Oligarchenfamilien. Nach dem Regierungsverlust der FSLN 1990 kehrten einige von ihnen politisch-ideologisch zu ihren sozialen Wurzeln zurück, andere nahmen aus Opportunismus konservative Positionen ein. Die MRS verbündet sich mit weit rechts stehenden Kräften, die sich in Washington für eine Intervention der USA in Nicaragua einsetzen, sei es durch das Gesetz „Nica Act“ zum Boykott internationaler Kredite für Nicaragua oder eine direkte Militärintervention. Einer der Ideologen der MRS, der sich selbst als Verteidiger des echten Sandinismus sieht, der Soziologe Julio López, erklärte im TV-Sender der Putschisten, „100% Noticias“,: „Die Aktionen gegen die Regierung müssen weitergehen, egal wie viel Blut dabei noch vergossen wird.“ Der Direktor von „100% Noticias“, Miguel Mora, sagte voraus: „Es wird eine schwarze Weihnacht in Nicaragua werden.“

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"Kirche als Drahtzieher", UZ vom 23. November 2018



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