Zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand oder gar Frieden sind die ukrainische Regierung und ihre NATO-Sponsoren nicht bereit. Das bekräftigte der ukrainische Botschafter in der Bundesrepublik, Alexej Makejew, am Dienstag in der „Rheinischen Post” und im „General-Anzeiger”: „Dieser Frieden muss erkämpft werden. Und Russland muss besiegt werden.” Auf die Frage nach einem möglichen Einsatz russischer Atomwaffen antwortete er: „Wir haben gesehen, dass Putin zu allem bereit ist. Ihm ist alles zuzutrauen.”
Die von Makejew repräsentierte Kriegslobby in Kiew und Berlin hatte ihrerseits seit dem Wochenende massiv die Lieferung deutscher Langstreckenwaffen gefordert. Rund um die Jahrestage der US-Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 wird die Gefahr eines Atomkrieges bewusst angeheizt. Makejew erklärte, Deutschland habe zwar keine Kampfflugzeuge vom Typ F-16, „aber Langstreckenraketen aus Deutschland würden wir gerne nehmen, auch den Marschflugkörper ‚Taurus‘“. Er hoffe, dass sich die „Taurus”-Lieferung nicht so lange hinziehe wie die Panzerdebatte in Deutschland.
Dasselbe hatte er bereits der „Welt am Sonntag” gesagt. Dort forderte zudem der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, die Bundesregierung solle Kiew die Raketen „sofort“ liefern. Die Bundeswehr besitze 600 „Taurus“-Systeme. Davon seien zwar etwa 450 nicht einsatzbereit, könnten aber von der Firma MBDA für den Export in die Ukraine ertüchtigt werden. FDP-Verteidigungspolitiker Markus Faber erklärte in derselben Zeitung, der Erfolg der von Britannien an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper zeige, wie wichtig diese Waffen seien. Britannien hatte Mitte Mai als erstes Land angekündigt, die Ukraine mit Marschflugkörpern vom Typ „Storm Shadow” zu beliefern. Frankreich zog im Juli nach und erklärte, der Ukraine eine ungenannte Zahl der gleichartigen Marschflugkörper „SCALP” geliefert zu haben. Die FAZ hatte im Mai die „Taurus” als „Game-Changer aus Deutschland” bezeichnet, also als Wunderwaffe. Eine Sprecherin des deutschen Kriegsministeriums sagte nun der „Welt am Sonntag“ allerdings, Minister Boris Pistorius (SPD) habe zu den Marschflugkörpern klargestellt, „dass es keine Lieferung geben wird”.
Kiew und seine engsten Freunde in Berlin ignorieren das, zumal die sogenannte Großoffensive der ukrainischen Armee stockt. Ersatzweise setzt diese offenbar auf Drohnenattacken. Am Montag und am Dienstag schlugen ukrainische Drohnen im Moskauer Büroviertel „Moscow City” ein. Nach russischer Darstellung wurden die Drohnen abgeschossen, Trümmerteile stürzten ab, verletzten aber niemanden. In der südrussischen Hafenstadt Taganrog, die ebenfalls mit Drohnen angegriffen wurde, gab es jedoch am vergangenen Wochenende 19 Verletzte durch Drohnentrümmer. Ende vergangener Woche nahmen die russischen Truppen bei Kupjansk Spezialisten für die Wartung von Kampfflugzeugen gefangen. Dies zeige, äußerte unter anderem Präsident Wladimir Putin, dass die Ukraine keine Personalreserven mehr habe.