Bericht von Amnesty International weist systematische ukrainische Kriegsverbrechen nach

Kiew beschießt Atomkraftwerk

Noch am 22. Juli rühmte sich die ukrainische Regierung, die Umgebung des seit März von russischen Streitkräften besetzten Atomkraftwerks Energodar 70 Kilometer südlich von Saporoschje angegriffen zu haben. Jedenfalls berichtete „dpa“ an diesem Tag um 20.34 Uhr: „Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben Kampfdrohnen am von Russlands Armee besetzten Atomkraftwerk Energodar eingesetzt. ‚Mit Kamikaze-Drohnen wurde ein Angriff auf eine Zeltstadt und feindliche Technik ausgeführt‘, teilte der Militärgeheimdienst am Freitag in Kiew mit. Zerstört worden seien dabei Luftabwehr und ein Mehrfachraketenwerfer des Typs Grad (Hagel). Den Geheimdienstangaben zufolge sind drei Russen getötet und zwölf verletzt worden.“ Nach diesem ungeheuerlichen Vorgang herrschte zwei Wochen Ruhe. Offenbar hatten selbst die durchgeknallten Nationalisten in Kiew begriffen, welche Gefahr sie heraufbeschworen hatten. Ihre Konsequenz: Seit Freitag vergangener Woche greifen sie das mit sechs Blöcken und 6.000 Megawatt Leistung größte AKW Europas, in dem weiterhin ukrainisches Personal arbeitet, erneut an, behaupten aber jetzt, die russische Armee beschieße sich dort selbst. Den PR-Anweisern für Kiew aus Washington oder Brüssel fiel bis zum Montag nichts anderes ein als diese Absurdität.

Charakteristisch ist jedenfalls, dass die erste Meldung über den angeblich russischen Beschuss am 5. August vormittags aus London kam. Laut „dpa“ gefährdeten „nach Einschätzung britischer Geheimdienste“ Aktionen der russischen Streitkräfte „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ die Sicherheit des AKW. Gesagt, getan. Nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen schoss die ukrainische Armee auf das AKW schon am Nachmittag desselben Tages: „Bewaffnete ukrainische Gruppen führten drei Artillerieschläge auf dem Gelände des Kernkraftwerks Saporoschje (…) und in der Stadt Energodar aus.“ Die russische Armee forderte „internationale Organisationen auf, die kriminellen Handlungen des Regimes von Selenski zu verurteilen, welches nukleare Terrorakte begeht.“ Die ukrainische Atombehörde Energoatom äußerte Sorgen, es könne radioaktive Strahlung austreten. Wladimir Selenski selbst erklärte den Beschuss zu einem „Akt des Terrorismus“ durch die russische Seite und forderte neue Sanktionen, die gezielt die Atomindustrie Russlands treffen sollten. Dazu passend ließ Kiew am Sonntag erneut auf das AKW schießen und mitteilen, die Russen hätten sich selbst getroffen. Am Montag erklärte Moskau, der AKW-Betrieb laufe trotz des ukrainischen Beschusses normal. Zuvor hatten UN-Generalsekretär António Guterres und der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Rafael Grossi, vor einer atomaren Katastrophe gewarnt.

Die Handlungsweise der Kiewer Armee passt in ihr Vorgehen, das sie seit 2014 im Krieg gegen den Donbass bevorzugt: auf die eigene Bevölkerung keine Rücksicht zu nehmen. Auf Anweisung ihrer westlichen Kommandeure und angesichts weiterer Niederlagen im Donbass nimmt sie nun offensichtlich auch die Gefährdung ganz Europas in Kauf.

Zu den seit acht Jahren von Kiew verübten Kriegsverbrechen veröffentlichte die Organisation Amnesty International (AI) am 4. August einen aktuellen Bericht, der in westlichen Medien nicht besonders gewürdigt wurde. Es geht in ihm ausschließlich um konkrete, mit Ort und Zeit benannte ukrainische Kriegsverbrechen und nur pauschal um russische. AI-Untersuchungen vor Ort ergaben nämlich laut Janine Uhlmannsiek (AI Deutschland), dass ukrainische Soldaten „wiederholt aus Wohngebieten heraus operiert“ haben. Das ukrainische Vorgehen sei „ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht“, das nicht durch den „völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg“ gerechtfertigt werde.

In Kiew herrschte blanke Wut. Rhetorisch schoss der Präsident persönlich den Vogel ab, als er behauptete, AI wolle „eine Amnestie für den terroristischen Staat (Russland) erlassen und die Verantwortung vom Aggressor dem Opfer zuschieben“. Es dauerte noch 36 Stunden, dann kapitulierte AI vor Selenskis Unfug und erklärte am Sonntag, sie halte zwar an ihrem Bericht fest, bedauere aber „tief den Schmerz und Ärger, den unsere Pressemeldung über die Kampftaktiken des ukrainischen Militärs ausgelöst hat“. Die Leiterin der ukrainischen AI-Filiale, Oxanna Pokaltschuk, war da schon zurückgetreten (worden), weil die Studie „zu einem Werkzeug der russischen Propaganda geworden“ sei. Anders gesagt: Wahrheit nützt allein den Russen, muss also offenbar unterdrückt werden.

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"Kiew beschießt Atomkraftwerk", UZ vom 12. August 2022



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