Die USA haben einen neuen Sicherheitsberater

Kennst du einen, kennst du alle

Von Manfred Idler

Nationaler Sicherheitsberater der USA unter Donald Trump zu sein ist ein prekärer Job. Mit John Bolton hat der US-Präsident nun schon den dritten in seiner Amtszeit verschlissen. Dabei schien Bolton doch ein treuer Diener seines Herrn zu sein.

Seine, also die Agenda eines Kriegstreibers, hat Bolton fleißig abgearbeitet. Die Verhandlungen mit Nordkorea hat er erfolgreich torpediert, er hat den Verbleib von US-Truppen in Syrien und Afghanistan durchgesetzt. Er hat den Putschversuch in Venezuela mit eingefädelt und den Konflikt mit dem Iran bis an den Rand des offenen Krieges vorangetrieben. Im Juni war es Trump selbst, der einen Militärschlag gegen den Iran kurz vor dem Losschlagen abblies.

In der kritischen Situation nach dem Angriff auf die saudischen Ölanlagen ging es Trump offensichtlich über die Hutschnur, wie sich sein vorlauter Vasall in den Vordergrund spielte. Sein Chef will ja zumindest den Eindruck erwecken, alle Fäden in der Hand zu halten. Also erlitt er das Schicksal so vieler aus der engeren Umgebung des Alleinherrschers der Vereinigten Staaten von Amerika: Gefeuert per Tweet.

Ein Nachfolger für den Schleudersitz stand auch schon bereit. Er heißt Robert O‘Brien. Man könnte ihn nach dem Motto einschätzen, „Kennst du einen, kennst du alle“. Auf den ersten Blick sieht die Laufbahn des Juristen untadelig aus. Eine Zeitlang arbeitete er im UN-Sicherheitsrat. Sein Name steht auf dem Umschlag eines Buches mit dem Titel „While America slept“ („Während Amerika schlief“), das sich gegen Obamas Politik richtete. Der Angehörige der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ ist wie sein Vorgänger ein rabiater Gegner des Nuklearabkommens mit dem Iran, für ihn reine Beschwichtigungspolitik. Darin ist er sich mit seinem Vorgänger und Außenminister Pompeo einig. Ins Trump-Umfeld geriet er erst im Mai 2018, als er zum „Sondergesandten für Geiselfragen“ ernannt wurde.

In dieser Eigenschaft hat er sich wohl auch die Sporen für den neuen Job verdient. Es handelt sich um einen absurden Vorgang, wie er aber für Trumps Art zu regieren typisch ist: der Präsident schickte seinen offiziellen Geiselunterhändler nach Stockholm, um den US-amerikanischen Rap-Musiker ASAP Rocky aus der Untersuchungshaft freizubekommen. Dieser hatte im Verlauf einer Straßenschlägerei mit Einheimischen einen am Boden liegenden jungen Mann geschlagen und getreten. Trump setzte sich persönlich – was ist Gewaltenteilung? – für den Rapper ein und wies seinen Gesandten an, die schwedische Regierung auf mögliche „negative Folgen“ hinzuweisen für den Fall, dass ASAP Rocky nicht freigelassen würde. „Negative Folgen“, das heißt im Sprachgebrauch der Herren der Welt: Sanktionen.

O‘Brien tat, wie ihm befohlen. Wer so blind und ohne Rücksicht auf die eigene Wertschätzung als Jurist in der Öffentlichkeit der Stimme seines Herrn folgt, hat möglicherweise eine Chance, seinen Job bis zum Ende der derzeitigen Präsidentschaft zu behalten. Der Rapper wurde am 3. August aus der U-Haft entlassen und Mitte August zu einer Strafe auf Bewährung verurteilt. Er befindet sich wieder im „Land der Tapferen und der Freien“.

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"Kennst du einen, kennst du alle", UZ vom 27. September 2019



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