Gedanken des parteilosen Kommunisten Hans Bauer

Keine Wahl gehabt

Endlich geschafft – das Wahlspektakel ist beendet. Aber nicht wirklich. Die Entscheidung zwischen SPD und CDU ist knapp ausgefallen. Beide Spitzenkandidaten behaupteten, den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten zu haben. Von den über 61 Millionen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands wählten knapp 23 Millionen die beiden sogenannten Volksparteien, etwa 37 Prozent. Das verdeutlicht, wie schmal die Legitimation durch das Volk ist.
Der Wahlkampf war ein Musterbeispiel bürgerlicher Demokratie. Im Zentrum standen kaum konkrete Inhalte, zum Beispiel, wie ein Deutschland der Zukunft aussehen sollte, sondern Show, Parteitaktik, Äußerlichkeiten und Oberflächliches bestimmten über Monate das politische Geschehen.

Trotzdem wurde behauptet, der Urnengang sei eine Richtungswahl. Als ginge es um eine andere Politik, ein anderes Deutschland. Dabei stand die Richtung vorher schon fest: Die Machtansprüche des imperialistischen Deutschlands in der Welt durchsetzen, politisch, wirtschaftlich, militärisch; das Monopolkapital stärken; das Volk irreführen und mit Versprechungen, Lügen und Almosen ruhig stellen.

Nun starten die Parteien zum Koalitionstheater. Wurde im ersten Akt der Aufführung noch um jede Stimme gerungen, spielt die jetzt keine Rolle mehr. Der Souverän ist nicht mehr gefragt. Jetzt feilschen die Parteieliten. Um Machtausübung und Teilhabe an der Macht. Wer mit wem. Grün und Gelb sind dabei die Königsmacher. Nur wenn sich beide – Grüne und FDP – gemeinsam einer der größeren Parteien SPD und CDU/CSU anschließen, kommt eine parlamentarische Mehrheit im Bundestag zustande. Es sei denn, eine Große Koalition wird gebildet, was bisher alle ablehnten.

Die Unterschiede zwischen den jetzt verhandelnden vier Parteien sind unbedeutend und marginal. Am Ende wird ein Koalitionsvertrag stehen. Für mich ist interessant, was nicht oder kaum thematisiert wurde. Das sind Fragen von Krieg, Frieden und Abrüstung, die Einhaltung des Völkerrechts und die Sanktionspolitik. Selbst Diskussionen um Klimawandel sparten Wahrheiten aus. Kein Wort zur Verantwortung von Aufrüstung und Militärmanövern für Klima und Umwelt. Übrigens auch nicht von den grünen Klimaaktivisten. Das wäre auch unvereinbar mit ihrer Kriegs- und feindseligen Rhetorik gegen Russland und die VR China. Die dringend notwendige und von der Mehrheit der Bevölkerung geforderte Normalisierung der Beziehungen zu diesen Staaten spielte gar keine Rolle. Und Ostdeutschland wurde so gut wie nicht erwähnt. Etwa wo die wirklichen Ursachen für die Unzufriedenheit im Osten liegen. Lediglich wenn es um „Die Linke“ ging, wurde das Gespenst des Kommunismus an die Wand gemalt. Aber diese Partei will schon lange nichts mehr mit dem Kommunismus und der DDR zu tun haben – auch eine der Ursachen ihrer verheerenden Niederlage.

Viele der weiteren 41 an der Bundestagswahl teilnehmenden kleineren Parteien hatten zwar in einzelnen Bereichen erstrebenswerte Ziele; angesichts fehlender Lobby, Mittel und Gegenpropaganda blieb die 5-Prozent-Hürde aber in weiter Ferne. Das betraf besonders auch die DKP mit nur geringem Stimmenzuwachs. Aus meiner Sicht war die DKP die einzige Partei, die neben sozialen auch Fragen von Krieg und Frieden aufwarf und offensiv Frieden und Freundschaft mit Russland und der VR China forderte. In vielen kämpferischen Wahlveranstaltungen – als Bundestagskandidat dieser Partei nahm ich an einigen teil – konnte man Interesse und Sympathien für die DKP und ihre Forderungen spüren. Die „Kultur“ des Wahlkampfes, die Spaltung der kommunistischen/sozialistischen Bewegung, antikommunistische Propaganda und ungenügende offensive Präsenz der Partei in vielen Regionen erschweren aber größere Wahlerfolge. Gerade weil bürgerliche Wahlen die Gesellschaft nicht grundlegend verändern, bleibt es für uns eine vorrangige Aufgabe, klar und konsequent marxistische Positionen zu beziehen und unsere Forderungen mutig zu vertreten. Über Gebrechen und Verbrechen des Imperialismus aufzuklären. Nachzuweisen, dass nur im Sozialismus Menschenrechte, nämlich Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit, dauerhaft beheimatet sind. Das erfordert geschlossenen und entschlossenen Kampf aller progressiven Kräfte.

Hans Bauer ist Vorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) und Vizepräsident des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden. Er hat zur Bundestagswahl für die DKP auf Platz 1 der Berliner Landesliste kandidiert.

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"Keine Wahl gehabt", UZ vom 8. Oktober 2021



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