Türkei setzt auf Drohgebärden

Keine Ruhe in Nordsyrien

Von Manfred Ziegler

USA und Türkei führen Krieg in Syrien, gegen den IS und gegen Syrien, offen und verdeckt und immer gegen den Willen der syrischen Regierung und ohne Legitimation durch die UN. Türkische Truppen stehen im Norden Syriens und Anfang Januar drohte der türkische Präsident Erdogan einen Militäreinsatz gegen die kurdisch dominierten Regionen Afrin und Manbidsch an.

Die Gebiete Afrin und Manbidsch sind sehr unterschiedlich. Afrin liegt im Nordwesten Syriens, Kurden bilden dort die größte ethnische Gruppe. Es gibt keine Erkenntnisse darüber, ob US-Soldaten in Afrin stationiert sind. Vermutlich gibt es dort aber russische Militärpolizei.

Manbidsch liegt weiter im Osten gehört zum kurdisch dominierten Teil Nordsyriens. Doch die Einwohner von Manbidsch sind überwiegend Araber. Zumindest vordergründig haben sich die YPG zurückgezogen und die Kontrolle liegt in der Hand von lokalen Stämmen, die als Teil der SDF mit den USA verbündet sind.

Im August 2016 hatten die SDF den Islamischen Staat aus der Stadt Manbidsch vertrieben. Der Versuch, die gesamte Region Manbidsch zu kontrollieren, endete jedoch mit der türkischen Operation „Schutzschild Euphrat“. Das offizielle Ziel dieser Operation war, den Islamischen Staat (IS) von der türkischen Grenze zu verdrängen. Zugleich ging es darum, den kurdischen Einfluss im Norden Syriens zu begrenzen und die zwei kurdisch kontrollierten Gebiete um Afrin und Manbidsch zu trennen.

Seitdem betonte Erdogan immer wieder, die türkische Armee werde die „Terroristen“ der kurdischen YPG aus der Region vertreiben. Und der Kommandeur der SDF in Manbidsch erklärte, seine Truppen würden jeden Versuch der Türkei, das Gebiet zu übernehmen, bekämpfen.

Doch so weit kam es nicht. Die Kommandeure der russischen und der US-Streitkräfte trafen sich und einigten sich auf festgelegte Interessengebiete. Der Kampf um Rakka war damals in vollem Gange, hatte Priorität und sollte nicht durch Sonderaktionen gestört werden. Die Türkei musste einsehen, dass ohne Zustimmung Russlands und der USA eine Militäraktion gegen Manbidsch nicht möglich war.

US-Soldaten wurden in Manbidsch stationiert, kurdische Einheiten zogen sich aus einigen Dörfern der Region zurück und ihre Positionen übernahmen Einheiten der syrischen Armee.

Der Kampf gegen den IS in Syrien ist entschieden und dominiert nicht mehr die Aktionen der Beteiligten. Für die Türkei könnte damit die Gelegenheit günstig erscheinen, weiter gegen das autonome kurdische Gebiet in Syrien vorzugehen.

Immer wieder wurde in den letzten Monaten über den bevorstehenden Angriff berichtet. Immer wieder gab es Scharmützel und immer wieder kehrte Ruhe ein.

Vielleicht ist für die Türkei die Drohung mit dem Angriff als Verhandlungsposition effektiver als ein wirklicher Angriff. Und womöglich ist auch für die YPG eine solche Drohung eine günstige Gelegenheit, mehr Unterstützung zu verlangen.

Doch mit dem einseitigen Beschluss, eine kurdische Grenzsicherungstruppe aufzubauen, arbeiten die USA nun weiter an der Spaltung Syriens. Die Truppe soll das kurdisch dominierte Gebiet im Norden gegen die Türkei und am Euphrat gegen die syrische Regierung abgrenzen.

Statt, wie der Türkei zugesagt, die Unterstützung der YPG zu reduzieren, soll sie gerade den Kern der neuen Truppe bilden. Die kurdische Grenzsicherung ist für die Türkei inakzeptabel.

Erdogan erklärte erneut, die „Operation Schutzschild Euphrat“ werde in wenigen Tagen auf die Region Afrin ausgedehnt – und verlangte die Unterstützung der USA.

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"Keine Ruhe in Nordsyrien", UZ vom 19. Januar 2018



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