Das Ergebnis war eindeutig: 14 Ja- und nur eine Nein-Stimme ergab die Abstimmung im Sicherheitsrat der UN. Die eine Stimme war das Veto der USA, die damit die Resolution zu Fall brachten, die einen Waffenstillstand in Gaza verlangt hätte. Doch gleichzeitig verhandelt Amos Hochstein, der Sondergesandte der USA für den Nahen Osten, in Beirut und Tel Aviv über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon.
Im Entwurf der UN-Resolution ging es nicht nur um einen Waffenstillstand. Sie verlangte freien Zugang der Zivilisten in Gaza zu lebensnotwendigen Diensten, ein Ende des Versuchs, die Bevölkerung vor allem im Norden von Gaza auszuhungern und die ungehinderte Lieferung von Hilfsgütern. Mit anderen Worten: sie forderte die Umkehr der Politik, die der Internationale Strafgerichtshof Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in seinem Haftbefehl vorwarf.
Für die USA, die die israelische Politik des Genozid politisch und militärisch unterstützen, war die Ablehnung der Resolution mit ihrem Veto Pflicht. Die „bedingungslose und dauerhafte“ Waffenruhe war für Israel ein No-Go. Schließlich sollte der Krieg nach einem Austausch der Geiseln weitergehen.
Dass sogar Britannien und Frankreich der Resolution zustimmten, zeigt, wie sehr die Menschen in diesen Ländern den Genozid ablehnen. Und der kleine Versuch der beiden Länder, sich vom Genozid zu distanzieren, kostete sie nichts, war doch das Veto der USA gewiss.
In Gaza geben die USA Israel die Möglichkeit, die mörderische Politik der Vertreibung fortzusetzen. Im Falle des Libanon dagegen geht es für Israel um einen Waffenstillstand.
Israel kann die Hisbollah nicht militärisch besiegen. Raketen und Drohnen der Organisation greifen weiterhin Ziele in Israel an – mit steigender Intensität. Der Norden Israels ist ständigen Angriffen ausgesetzt, regelmäßig sind Haifa und Tel Aviv betroffen. Die Versuche israelischer Bodentruppen, im Libanon Fuß zu fassen, enden überwiegend in Hinterhalten der Hisbollah und mit Toten, Verletzten und zerstörten Panzern. Die Ankündigung der Regierung, die Einwohner könnten in die Ortschaften im Norden zurückkehren, bleibt unerfüllt.
Doch Israel führt den Krieg mit seiner Luftwaffe. Schon jetzt gibt es im Libanon dreimal so viele Tote wie im Krieg 2006. Das israelische Bombardement im Süden des Libanon und in Beirut, die Zerstörung von Wohnhäusern und Infrastruktur wie in Gaza, die Angriffe auf Ersthelfer und die Vertreibung von einer Million Zivilisten ließen Israel ein Ziel erreichen.
Die Pager-Angriffe im September galten offenbar gerade den Verantwortlichen der Hisbollah, die die zu erwartende Flucht der Zivilisten hätten organisieren sollen. Als Tage nach dem Pager-Terror die Bombenangriffe begannen, war dieser Teil der Organisation geschwächt. Hunderttausende Zivilisten, die eigentliche Basis der Hisbollah, waren auf sich gestellt. Das übte offensichtlich einen enormen Druck auf die Organisation aus.
Schon vor Hassan Nasrallahs Tod wurde auch von Seiten der Hisbollah von einem Waffenstillstand gesprochen, der nicht mehr wie in den Monaten zuvor an einen Waffenstillstand in Gaza gebunden war.
In seiner Rede vor einigen Tagen sagte nun Naim Kassem, der Nachfolger von Hassan Nasrallah als Generalsekretär der Hisbollah, es gebe nur wenige, die Gaza unterstützen, wie Jemen, Iran und die Hisbollah, während der Rest der Welt stillschweigend zuschaue. Doch in den Verhandlungen mit Hochstein gehe es für den Libanon um die volle Souveränität und ein Waffenstillstand hänge nur von der Ernsthaftigkeit Netanjahus ab.
Und der verfolgt weiterhin ein Ziel: Die strategische Realität des Nahen Ostens zu verändern.