Der Krieg um Palästina geht in eine neue Phase. Nach einem weiteren Raketenangriff der Ansar Allah auf den Flughafen von Jerusalem bombardierten israelische Flugzeuge erneut die Hafenstadt Hodeida im Jemen. Im Libanon begann die israelische Bodenoffensive und Hisbollah feuert Raketen auf Tel Aviv.
Israel konnte die ersten Schlachten in diesem Krieg für sich entscheiden. Sprengfallen in Kommunikationsgeräten, schwere Luftangriffe auf den Libanon, die hunderte tote Zivilisten zur Folge hatten. Und schließlich das, was für Israel als Jackpot galt: Der Tod des Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah, im israelischen Bombenhagel.
Und es war nicht nur Nasrallah. Der wahrscheinlich größte Teil der alten Führungsriege der Hisbollah fiel mittlerweile israelischen Angriffen zum Opfer. Die offene Gesellschaft des Libanon macht auf Dauer eine wirkliche Geheimhaltung offenbar unmöglich. Und die israelischen Geheimdienste sind für ihre erfolgreiche Arbeit bekannt. Die Bomben für alle diese Angriffe werden klaglos von den USA geliefert, die nach wie vor behaupten, sie suchten einen Waffenstillstand.
Nach außen hin nimmt die Hisbollah die schweren Schläge hin, ohne Folgen zu zeigen. Es gibt nach wie vor Angriffe mit Raketen auf Jerusalem, Tel Aviv, auf Siedlungen auf der Westbank und in Galiläa, die Schäden anrichten.
Der größte Schaden für Israel aber ist weiterhin wirtschaftlicher Natur. Reservisten fehlen der Produktion, die Unterbringung der Menschen aus den evakuierten Gebieten kostet Israel Unsummen. Unzählige Luftalarme belasten die Menschen. Je länger der Krieg andauert, umso schwieriger wird es sein, die Folgen zu tragen. Wieder wurde von der Rating-Agentur Moody’s die Kreditwürdigkeit Israels herabgestuft auf „Befriedigend“ – Kredite werden teurer.
USA, Russland, China, die Golfstaaten – alle reden davon, dieser Krieg dürfe nicht zu einem regionalen Krieg explodieren. Auch Libanon und Iran warnen vor einer Eskalation. Seit dem Bürgerkrieg im letzten Jahrhundert und den Zerstörungen durch die israelische Luftwaffe 2006 sind viele Akteure im Libanon unter dem Druck der Bevölkerung der Zurückhaltung verpflichtet – auch die Hisbollah. Parlamentssprecher Nabih Berri, der der Organisation nahesteht, verlangt einen Waffenstillstand an allen Fronten – also auch in Gaza.
Und der Regierung des Iran, die alles dafür tut, das Land trotz der Sanktionen zu entwickeln, ist nichts an einem Krieg gelegen, der alle wirtschaftlichen Fortschritte zunichte machen könnte.
Dies ist Israels strategischer Vorteil. Die israelische Regierung ist durch keine Rücksichtnahmen, durch keine „Roten Linien“ gebunden. Pensionierte israelische Generäle haben dem Kabinett zuletzt sogar einen Plan vorgelegt, nach dem die Einwohner aus dem Nordteil von Gaza vertrieben werden sollen. Sie sollen buchstäblich ausgehungert werden. Ex-General Giora Eiland stellte den Plan vor – Benjamin Netanjahu war begeistert.
Zumindest im US-Kongress wird das Mantra von Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ bei jeder israelischen Aggression endlos dahergebetet. Der Strom der Waffen und der finanziellen Unterstützung fließt. Und wenn nötig, wird auch direkte militärische Unterstützung durch die USA und womöglich die EU geliefert.
Die Hisbollah, die Hamas und ihre Verbündeten haben nicht die militärischen Mittel Israels und der USA. Aber sie haben auch keine Eile. Jeder Tag, den der Krieg länger andauert, macht ihn auch für Israel unerträglicher.
Einen Waffenstillstand, das haben Hamas, Hisbollah und Ansar Allah deutlich gemacht, wird es nur geben, wenn er für alle Fronten gilt. Er ist schon lange überfällig – aber mit der Bodenoffensive in weite Ferne gerückt.