Der Deutsche Städte- und Gemeindetag hat eine – für seine Verhältnisse scharfe – Darstellung zum Thema „Investitionsstau der Kommunen“ veröffentlicht. Das Fazit: Die Kommunen sind mehrheitlich mittlerweile nicht nur krank. Die „Ärzte“ in Berlin und in den Landesregierungen haben ihnen längst die Beatmungsluft abgestellt.
Über den Haushalt der nur scheinbar reichen Stadt Düsseldorf wurde vor kurzem neun Stunden lang im Rathaus debattiert. Es ging um die „Deckung“ des Etats, um Schulden und Investitionen. Um zur „Deckung“ zu kommen, bedurfte es einiger rechnerischer und politischer Tricks. Einer davon: Die Stadt verkauft das Kanalnetz für 600 Millionen Euro plus 200 Millionen Euro für die Rücklage an den Stadtentwässerungsbetrieb. Der Betrieb ist aber ein städtischer Eigenbetrieb. Das Geld wird somit nur von einem städtischen Konto auf ein anderes umgebucht. Dass diese Tricks nicht viel bringen, wurde bei der Auseinandersetzung um die Straßenunterhaltung deutlich. Die CDU wollte 1,5 Millionen Euro mehr ausgeben. Die Düsseldorfer Ampel von SPD, Grünen und FDP sah die Löcher in den Straßen nicht und lehnte ab. So „einfach“ geht das, wenn das Geld nicht reicht.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) sieht nicht nur die Löcher in Düsseldorfs Straßen und Haushalt. Bundesweit lautet die Bilanz: „Der kommunale Investitionsrückstand beträgt allein 126 Milliarden Euro. Vielfach gelingt es nicht einmal, bestehende Infrastrukturen zu erhalten und zu sanieren.“ Der DStGB weist ergänzend ausdrücklich darauf hin, dass Mittel zur Luftverbesserung dabei noch nicht berücksichtigt wurden. Fahrverbote in den Innenstädten drohen weiterhin, die sie dummerweise aber gar nicht vollstrecken können. Dazu müsste erst der Bund die Voraussetzungen schaffen. Zum Beispiel mit einer eigenen Plakette für saubere Autos. Auch Düsseldorf liegt mehrfach über den Grenzwerten.
Die höchste Pro-Kopf-Verschuldung gibt es mit 3.733 Euro im Saarland, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 3 133 Euro und Nordrhein-Westfalen mit 3 095 Euro. Bei den Kommunen führt Pirmasens mit nahezu 8 000 Euro bei den Kassenkrediten.
Um aus dem Dilemma herauszukommen, fordert der DStGB von der neuen Bundesregierung einen „Masterplan Investitionsoffensive“ und ein „Gesamtkonzept Mobilität“ mit mehr ÖPNV und Elektromobilität. Nicht nur der Staat, auch die Automobilbauer seien in der Pflicht. Fördermaßen des Bundes müssten umgehend umgesetzt werden.
Eine gefährliche Entwicklung entdeckt der DStGB auch bei der Entwicklung der Kosten für die Sozialpolitik: „Während die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen immer weiter ansteigen, stagnieren die Investitionen.“ Häufig stehe das Geld einfach nicht zur Verfügung, da Städte und Gemeinden immer mehr Geld für Sozialausgaben aufwenden müssen. Hier sei ein Umsteuern notwendig. Mehrfach hat der DStGB auf das Konnexitätsprinzip verwiesen: Wer bestellt, der zahlt! Aufgabenübertragungen vom Bund und den Ländern auf die Kommunen müssten durch eine Finanzierungssicherheit garantiert sein. Darüber können die Finanzdezernenten in den Rathäusern nur lachen, denn ihnen sitzen die Bezirksregierungen im Nacken und drohen mit dem Sparkommissar.
Der Deutsche Städtetag sieht ein besonderes Gefälle zwischen „reichen“ und armen Kommunen. Es müsse in Berlin und von den Bundesländern „eine Lösung für die Altschulden der Kommunen“ vorgelegt werden. Eine fromme Forderung. Selbst die Bertelsmann-Stiftung kommt in ihrem kommunalen Finanzreport zu dem Schluss, „dass finanzschwache Kommunen ihre Kassenlage aus eigener Kraft kaum verbessern können“.
Die DKP hat weitergehende Forderungen: Die Haushaltsumschichtung weg von den Kanonen und rein in die Kommunen. Sie erinnert daran, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schon vor zwei Jahren forderte, dass sie 130 Milliarden Euro mehr bräuchte, um sie in die militärische Ausrüstung zu stecken. Jüngst wurde der Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan, Mali, Irak und im Mittelmeer bis Ende April von der deutlichen Mehrheit der Parlamentarier im Bundestag verlängert. Das unausgesprochene Motto lautete „Bomben statt Schulbücher“. Diese Umschichtung brächte weitere Milliarden Euro. Doch diese Forderung findet sich beim DStGB nicht.