Berufsverbot-Betroffene protestieren

Keine Justizposse

Der Sprecher des „Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte“, Klaus Lipps, erklärt:
Zahlreiche berufliche und auch persönliche Existenzen zerbrachen in den 1970er und 1980er Jahren über der scheinbar „juristischen“ Frage, ob die „Verfassungsfeindlichkeit“ der DKP gegenüber ihren Mitgliedern geltend gemacht werden könne, bevor das Bundesverfassungsgericht die „Verfassungswidrigkeit“ dieser Partei festgestellt hat. (…)

Wer für die DKP zum Gemeinderat, Landtag, Bundestag kandidierte und im „Öffentlichen Dienst“ arbeitete – einschließlich Schule, Hochschule, Post, Bundesbahn, Krankenhäuser usw. – hatte ein Berufsverbot oder zumindest eine „Anhörung“ zu erwarten. So sahen „freie Wahlen“ in der alten Bundesrepublik aus. Wegen systematischer Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot wurde die Bundesrepublik Deutschland 1987 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) abgemahnt und 1995 in einem Einzelfall wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.

Nun hat der amtierende Bundeswahlleiter Georg Thiel einen neuen Ansatz gefunden: Man verbietet der DKP komplett das Kandidieren! Und spricht ihr nebenbei auch noch den Status einer politischen Partei ab, was sie (a) finanziell ruinieren könnte und (b) vom Innenminister verbietbar macht. Und wie? Man schaut einfach mal, wann sie ihre Rechenschaftsberichte an den Bundestag abgeliefert hat. Die hat sie bisher zwar immer abgeliefert (muss sie auch, obwohl sie keinen Cent vom Staat erhält) – aber als kleine Partei mit dezentraler Kassenführung und wenig Personal nicht immer rechtzeitig. (Was bisher immer toleriert wurde und ohne jede Sanktionsandrohung blieb). (…)

Der Bundeswahlausschuss hat diese Karikatur von rechtsstaatlichem Denken und Vorgehen leider – bis auf ein waches Mitglied der Grünen – kommentarlos durchwinken können.

Obwohl diese Rechtsbeugung vom Bundesverfassungsgericht eigentlich rasch annulliert werden müsste, ist das leider keine Justizposse. (…) Hier wird handfest in das politische Klima dieses Landes eingegriffen. Zu viele Betroffene der Berufsverbotspolitik haben am eigenen Leib erlebt, was Angriffe auf die Verfassungsmäßigkeit und auf die ungehinderte, diskriminierungsfreie Kandidatur der Kommunistischen Partei praktisch bedeuten.

Darum protestieren wir nachdrücklich gegen diese Willkürentscheidung des Bundeswahlleiters und fordern die uneingeschränkte Zulassung der Kandidatur der DKP.

Der ganze Text unter kurzelinks.de/lipps

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"Keine Justizposse", UZ vom 23. Juli 2021



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