In der vergangenen Woche hat die von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission im Windschatten der Coronakrise und von der Öffentlichkeit kaum beachtet ihren Abschlussbericht vorgestellt. Als die Kommission 2018 ihre Arbeit aufnahm, war deren Auftrag, so die damaligen Verlautbarungen aus Berlin, die gesetzliche Rentenversicherung nachhaltig zu sichern und einen neuen, verlässlichen Generationenvertrag zu begründen. Auf diese vollmundige Ankündigung folgt nun knapp zwei Jahre später die ernüchternde Bilanz. Das Minderheitenvotum des DGB mit der zentralen Forderung nach einer Erhöhung des Rentenniveaus blieb ein einsamer und ungehörter Ruf im neoliberalen Chor.
Konsequenterweise hat der Abschlussbericht der Kommission für Beschäftigte sowie Rentnerinnen und Rentner wenig zu bieten. Vorschläge für eine solidarische Finanzierung der Rente sucht man vergebens. Denn die Rentenkommission fragte primär nach den akzeptablen Kosten, erst dann nach den Leistungen, die damit zu finanzieren sind. Folgerichtig gibt es keine Antwort auf die Frage, wie hoch ein akzeptables Rentenniveau sein muss, damit künftige Rentnerinnen und Rentner ihren Lebensstandard im Alter einigermaßen halten können. Im Gegenteil: Geht es nach den Vorschlägen der Rentenkommission, könnte das Rentenniveau – das Verhältnis der Standardrente zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten – von zurzeit 48 Prozent auf 44 Prozent absinken. Die höfliche Umschreibung für diesen weiteren sozialpolitischen Kahlschlag liest sich im vorliegenden Kommissionsbericht wie folgt: „Das Rentenniveau soll künftig zwischen 44 und 48 Prozent liegen.“
Gleichzeitig ist geplant, dass sich der Rentenbeitrag in einem Korridor zwischen 20 und 24 Prozent bewegen soll. In der Konsequenz bedeutet dies, statt, wie von den Gewerkschaften gefordert, einer Stabilisierung und schrittweisen Anhebung des Rentenniveaus, eine weitere Abkopplung der Rente von den Löhnen und Wohlstandsgewinnen.
Ein weiterer Vorschlag der Rentenkommission sieht vor, dass zukünftig 47 Rentenpunkte statt wie bisher 45 nötig sein sollen, um eine sogenannte Standardrente zu erhalten. Dies hat die IG Metall zu Recht als einen rentenpolitischen Etikettenschwindel bezeichnet. Denn durch eine solche rechnerische Verschiebung der Niveaugröße wird der völlig falsche Eindruck erweckt, dass das Rentenniveau 4,5 Prozent höher liegt als es nach heutiger Berechnung ist. Tatsächlich ändert sich an der realen Rentenhöhe des Versicherten aber nichts. Führt man sich vor Augen, dass 2019 ein Neurentner im Schnitt 41,4 Rentenpunkte und eine Neurentnerin gerade einmal 20,7 Rentenpunkte erreichte, sind solche billigen Rechentricks ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Menschen.
Geht es nach der Rentenkommission, soll auch die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre beibehalten werden. Dabei ist es der Kommission egal, dass die Mehrheit der Beschäftigten – nicht nur auf dem Bau, in der Pflege oder einer Eisengießerei – gar nicht in der Lage ist, bis in dieses Alter zu arbeiten. Es spielt auch keine Rolle, dass dies für die Betroffenen noch höhere Abschläge und eine entsprechend geringere Rente zur Folge hat und sich dieser Trend durch längere Ausbildungszeiten und brüchigere Erwerbsbiografien noch verstärken wird.
Eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenzen über 67 Jahre hinaus ist auch nicht vom Tisch. Zwar hat die Kommission hierzu aktuell keine Empfehlung ausgesprochen, aber nach 2025 soll über diese Forderung der Kapitalseite entschieden werden. Alles in allem sind dies keine guten Nachrichten für die Lohnabhängigen und zukünftigen Rentner im Land. Die Angriffe auf die gesetzliche Rente und der Sozialabbau werden weitergehen.