Wieder hat die israelische Armee eine von ihr selbst ausgewiesene „humanitäre Zone“ bombardiert. In der Nacht zum Dienstag starben bei diesem Angriff auf Chan Junis 40 Menschen, weitere 60 wurden verletzt. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari rühmte sich später auf der Plattform X, der Angriff habe einer „verdeckten Kommandozentrale“ der Hamas gegolten, unter anderem dem Chef der Hamas-Luftsysteme in Gaza und zwei weiteren ranghohen Hamas-Mitgliedern. Gleichzeitig bestritt er die Opferzahlen, sie stimmten nicht mit den eingesetzten präzisen Waffen und der Genauigkeit des Angriffs überein. Außerdem behauptete der israelische Militär, es seien vor dem Angriff „zahlreiche Maßnahmen“ ergriffen worden, um das Risiko zu verringern, dass Zivilisten zu Schaden kommen. Genauere Angaben zu diesen „Maßnahmen“ machte Hagari nicht.
An den Schutz zivilen Lebens in Gaza durch das israelische Militär glaubt angesichts von mehr als 40.000 geborgenen Opfern, einer Vielzahl an immer noch verschütteten Toten und eklatanten Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht eh keiner mehr.
Erst am vergangen Freitag stellten die Vereinten Nationen erneut fest, dass die humanitäre Lage in Gaza nach wie vor „mehr als katastrophal“ sei. Mehr als eine Million Palästinenser haben im vergangenen Monat keine Lebensmittelrationen erhalten, so UN-Sprecher Stéphane Dujarric. Die Anzahl der täglich gekochten Mahlzeiten verringerte sich im Juli noch einmal um 35 Prozent.
Am Montag hielt Israel am Checkpoint Wadi Gaza unter Androhung von Verhaftungen einen Konvoi der UN acht Stunden lang auf. Nach UN-Angaben sei der Konvoi mit Bulldozern angegriffen worden, wodurch erheblicher Schaden entstand. Das Militär erklärte, man habe nach „palästinensischen Verdächtigen“ gesucht, die sich nach „Informationen“ in dem Konvoi befunden hätten. Dagegen erklärte der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, Philippe Lazzarini, es habe sich eindeutig um einen mit Israel abgesprochen Konvoi gehandelt, der die Polio-Impfkampagne in Gaza-Stadt und im nördlichen Gaza-Streifen beginnen sollte. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ war es noch unklar, ob die Impfkampagne für die Kinder Gazas auf Grund der Bedrohung der nationalen und internationalen Helfer durch die israelischen Streitkräfte überhaupt fortgesetzt werden kann.
Mit der Unterbindung der Impfkampagne kann sich Kinderlähmung weiter in Gaza ausbreiten. Damit verstärkt Israel noch einmal das Leid der Bevölkerung. Gleichzeitig versucht Israel, das von ihm verursachte Grauen so gut wie möglich vor der Welt zu verstecken: Auch elf Monate nach Beginn des Krieges ist es Journalisten verboten, in den Gazastreifen einzureisen.