Die DDR war keine Randnotiz deutscher Geschichte

Keine Fußnote

Von Stefan Kühner

Ein Seminar der Marx-Engels-Stiftung befasste sich am vergangenen Wochenende vor allem mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der DDR zwischen 1946 und 1989. Unter dem Titel „Die DDR – nicht nur eine Fußnote der Geschichte“ ging es nicht nur um eine historische Einordnung. Auch die politische und ideologische Beurteilung der DDR in den vergangenen Jahren war Thema.

Der Historiker Dr. Reiner Zilkenat zeigte in seinem lebendigen Vortrag auf, dass die DDR in der bundesrepublikanischen Betrachtung stets von ihrem Ende her betrachtet wird. Er zeigte auf, dass bei der Beurteilung der Entwicklung der DDR ausgeblendet werde, unter welche schwierigen Rahmenbedingungen sich die DDR an der Frontlinie des Systemkampfes behaupten musste. In der Betrachtung der DDR gibt es in den aktuellen Medienberichten vor allem die verfälschte Erzählung eines Kampfes der Schurken (DDR und UdSSR) gegen die Guten (BRD und USA).

Mit beeindruckenden Zahlen unterlegte Erika Maier, ehemalige Professorin der Hochschule für Politische Ökonomie Berlin, (ihr Referat musste wegen einer Erkrankung der Autorin vorgelesen werden) die viel komplizierteren Ausgangsbedingungen der DDR gegenüber der BRD. Diese waren unter anderem geprägt durch immense Reparationsleistungen für die Sowjetunion und die deutlich höheren Aufwendungen für Menschen, die nach Ende des Krieges in der DDR aufgenommen wurden. Sehr offen sprach sie allerdings auch über Problem in der Wirtschaftslenkung. „Die Bevölkerung, Eigentümerin der Betriebe, war nicht, zumindest nicht ausreichend, an Entscheidungen beteiligt. Partei und Parteiapparat entschieden. Ihr Meinungsmonopol lähmte zunehmend die Gesellschaft. Diskussionen zu Grundsatzfragen wurden nicht zugelassen, auch nicht in der Partei.“ Auch die Finanzierung des sozialen Systems habe wirtschaftliche Auswirkungen gehabt. „Zur Bewertung der Leistungen der DDR-Wirtschaft gehört, dass sie den DDR-Bürgern eine hohe soziale Sicherheit gab. Niemand hat in dem Land DDR gehungert, es gab keine Tafeln, keine Obdachlosen. Alle hatten Arbeit und Wohnung zu niedrigen Mieten. In den letzten 20 Jahren der DDR bezog jeder zweite DDR-Bürger eine neue Wohnung. Auf der Grundlage von Volkseigentum und Planwirtschaft und dem Engagement vieler Menschen erzielte die DDR über 40 Jahre ein international überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Der Produktivitätsrückstand gegenüber der leistungsstarken Bundesrepublik wurde reduziert und garantierte den DDR-Bürgern einen hohen Grad sozialer Sicherheit.“ Der Schlusssatz ihres Referats, „Eine marode Wirtschaft hätte das nicht leisten können“, wurde mit viel Beifall bedacht.

Der Historiker Prof. Götz Dieckmann fiel krankheitsbedingt leider auch aus, aber über sein Thema „Die antifaschistisch-demokratische Gesellschaftsordnung als Basis für den Aufbau des Sozialismus?“ referierte souverän der Vorsitzende der Stiftung, Hermann Kopp. Den Abschluss des Seminars gestaltete dann Stefan Kühner mit seinem Referat über die Rolle der DDR als Land des Friedens und der internationalen Solidarität, besonders ihre politischen Anstrengungen für Abrüstung und die Ächtung der Atomwaffen in Europa.

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"Keine Fußnote", UZ vom 15. November 2019



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