Keine Frage, der Antrag der Bottroper Genossinnen und Genossen ist löblich und der Enthusiasmus des Autors verständlich. Doch zwei kleine Anmerkungen, damit das Gedenken an die vergangene Bergarbeiterkultur im Ruhrgebiet nicht zur Folklore wird. Erstens, der Kohleabbau im Ruhrgebiet war schon zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. im Vergleich zum Weltmarkt unrentabel. Schon damals wurde der Bergbau staatlich subventioniert, damit Deutschland im Kriegsfall eine gewisse Autarkie bei der Energieversorgung behält und die kriegswichtige Produktion aufrechterhalten kann. Zwei Weltkriege machten die Kohleförderung im Ruhrgebiet für den deutschen Imperialismus notwendig. Nach dem zweiten Weltkrieg erlebte der Bergbau noch einmal einen kurzzeitigen Aufschwung – bis sich die BRD soweit restauriert hatte, um auf den Weltmärkten wieder Ansprüche durchsetzen zu können. Ab den 1960er Jahren begann dann das lange Sterben des Bergbaus. Nicht die Kohle, sondern Machterhaltungswünsche der SPD und das – durchaus von Arbeiterseite teilweise erzwungene – Interesse der Herrschenden, den sogenannten Strukturwandel ein bisschen „sozialverträglich“ zu gestalten, führten zu diesem langen Tod, der erst letztes Jahr mit der Schließung der Bottroper Zeche sein Ende fand. Zweitens sollte einem bewusst sein, dass diese Bergarbeiterkultur durch und durch sozialdemokratisch geprägt war. Kommunisten spielten selbst in ihren besten Tagen (leider) nur eine Nebenrolle. So stärkte die Bergarbeiterkultur – mit all ihren Institutionen, Liebenswürdigkeiten und Kuriositäten – die „Sozialpartnerschaft“ zwischen Kapital und Arbeit. Die Kommunisten vermochten es leider nicht, einen Riss in dieses Band aus Kohle und Stahl zu schlagen.
Keine Folklore
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