Das Bundeskabinett billigte am 20. Dezember einen vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Entwurf eines „Postrechtsmodernisierungsgesetzes“. Das neue Postgesetz wird nicht nur Auswirkungen auf die Beschäftigten, sondern auch auf die Versorgung der Bevölkerung und der Kommunen haben. Gerade im ländlichen Raum liegt die Daseinsvorsorge am Boden – mit dem neuen Postgesetz werden die ohnehin schon dürftigen Strukturen weiter abgebaut.
Bereits heute kämpfen Städte und Gemeinden, vor allem kleinere Orte, um eine eigene Postfiliale. Bis zur Privatisierung mussten diese durch die Post personell bestückt werden und boten die Aufgabe von Briefen, das Abholen benachrichtigter Pakete und auch die Leistungen der späteren Telekom sowie der Postbank an. Mit der Privatisierung, der Trennung der drei Bereiche durch die Postreform I, der folgenden Personalabbau-Orgie und der massiven Arbeitsverdichtung nach dem Börsengang zu Beginn der 2000er Jahre wurden die Universaldienst-Filialen aus der Fläche zurückgezogen. Übrig geblieben sind vielerorts nur noch gelbe Beistelltische in Kiosken oder bei Einzelhändlern. Sofern es so etwas noch gibt. Viele Dörfer sind derart verkümmert, dass sich die Post auf die fehlenden Einzelhändler berufen kann, wenn sie gar nicht mehr vor Ort ist. Nun könnte man das private Kapital dazu zwingen, seine Dienstleistung flächendeckend anzubieten, so Verarmungsprozesse aufzuhalten und sichere Arbeitsplätze zu schaffen. In den Kampagnen zur Armutsbekämpfung hat die Volksrepublik China damit gute Erfahrungen gemacht.
Der Entwurf des neuen Postgesetzes geht aber einen anderen Weg: Mit Zustimmung der Bundesnetzagentur soll die zersplitterte Landschaft von Anbietern nach Paragraf 17 Absatz 2 künftig auch ausschließlich automatisierte Stationen betreiben dürfen. Für Gebiete, in denen das nicht möglich ist, soll ein „mobiler Postdienst“ sichergestellt werden (Paragraf 23 Absatz 1). Damit hatte die Deutsche Post bereits vor Jahren versucht, sich aus der Affäre zu ziehen. Filialen auf den Dörfern wurden geschlossen und stattdessen den Zustellern im Verbund weitere Aufgaben übertragen. Beim „Mobilen Postservice (MOPS)“ sollte der Zusteller nebenbei auch noch Briefmarken verkaufen und Pakete annehmen. Das Problem: die Flexibilisierung, die Unzuverlässigkeit der täglichen Zustellung sowie der Zeit- und Arbeitsdruck sorgten dafür, dass viele Menschen diese Leistungen nie in Anspruch nahmen. Die Deutsche Post reduzierte den MOPS-Service auch bald wieder auf ein Minimum. In der Strategie „Schneller zusammen wachsen“ von Post&Paket Deutschland kommt MOPS, obwohl wesentlicher Inhalt der nach Post-Strategie auszuweitenden Verbundzustellung, nicht mehr vor.
Viele Dörfer und Ortschaften haben ein Interesse an der Versorgung durch die Post, sowohl für die kommunale Verwaltung als auch zur Sicherstellung einer örtlichen Infrastruktur für Einwohner und Unternehmen, durch die Steuereinnahmen generiert werden. Je ländlicher, desto mehr Geld fehlt in den öffentlichen Kassen. Der Konflikt zwischen der lokalen Verwaltung und der Post ist also programmiert. Das wird durch die Möglichkeit der Zergliederung der Zustellung und der einzelnen Ausschreibung von Leistungen und Gebieten verschärft. Die in Paragraf 17 Absatz 2 vorgesehenen „automatisierten Stationen“ sollen anstelle von Filialen zugelassen werden. Die „kommunale Gebietskörperschaft“ sei dazu „anzuhören“. Anders als in der Begründung, die als Bedingung ausgibt, dass „die lokale Gebietskörperschaft dem zustimmt“ (Referentenentwurf, S. 85), sieht der Gesetzesentwurf also keine konkrete Mitbestimmung vor. Im Gegenteil leistet sich das begründende Bundeswirtschaftsministerium hier eine offene Lüge.
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