Zum Freihandel zwischen EU und Mercosur

Keine Erfolgsstory

Was lange währt, wird endlich gut? Im Falle des Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenblock Mercosur – Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay – trifft diese alte Weisheit eher nicht zu. 25 Jahre wurde um die Freihandelszone gerungen. Das Ergebnis ist vor allem ein Geschenk an wenige Großkonzerne, während zum Beispiel Kleinbauern auf beiden Seiten des Atlantiks auf der Strecke bleiben könnten. Die deutsche Automobilindustrie steht schon in den Startlöchern und hofft auf einen Wegfall der Importzölle für ihre Waren, um in Südamerika mehr Kraftfahrzeuge absetzen zu können. Umgekehrt bereiten sich Agrarmultis aus Brasilien und Argentinien darauf vor, den europäischen Markt mit ihren Waren zu fluten. Umweltverbände warnen, dass dies mit den ansonsten so gerne proklamierten Klimazielen kaum zu vereinbaren ist. Absehbar ist, dass dem größeren Platzbedarf der Konzerne noch größere Teile des Regenwaldes zum Opfer fallen werden.

In der Vergangenheit hatte Brüssel mehrfach geglaubt, das Abkommen unter Dach und Fach bringen zu können, aber die progressiven Entwicklungen in der Region sorgten dafür, dass die Latinos selbstbewusster und deutlicher gegenüber den Europäern auftraten. 2012 war Venezuela dem Mercosur beigetreten und hatte zusammen mit den damals progressiven Regierungen Argentiniens, Brasiliens und Uruguays Diktate aus Brüssel zurückgewiesen. Doch mit dem Erstarken konservativer und reaktionärer Regime in der Region – Venezuela wurde 2016 von den anderen Mitgliedern ausgeschlossen – nahmen die Verhandlungen wieder Fahrt auf, so dass 2019 eine „Grundsatzeinigung“ zustande kam. Dass es seither noch einmal fünf Jahre dauerte, bis es zur „finalen“ Unterschrift kam, lag vor allem an den internen Krisen der EU.

Ob aus der mit großem Pomp vollzogenen Unterzeichnung nun tatsächlich eine Freihandelszone entsteht, bleibt abzuwarten. In der EU steht zunächst ein Ratifizierungsprozess mit unzähligen Stolperfallen an. Brüssel geht es mit dem Abkommen auch darum, China im globalen Maßstab zu schwächen. Doch in Südamerika ist der Blickwinkel vieler Staaten – und beileibe nicht nur der von Linken regierten – anders. Dort nimmt man die Investitionen chinesischer Unternehmen gerne an. Ob auch daraus noch ein größeres Hindernis für den Freihandel zwischen EU und Mercosur wird, muss sich zeigen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Keine Erfolgsstory", UZ vom 13. Dezember 2024



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol LKW.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit