Es ist Georg Fülberth darin zuzustimmen, dass ein etwaiger Druck von „Aufstehen“ allenfalls langfristig einen Kurswechsel von SPD und Linkspartei bewirken kann. Doch die von Linkssektierern und Rechten in der Linkspartei geäußerte Kritik, „Aufstehen“ sei keine Bewegung, während „Die Linke“ selbst „Bewegung“ sei, ist Unsinn. Die Linkspartei ist in ihrer eigenen Praxis bislang nicht über die politische Logik eines Wahlvereins hinausgekommen. Sie ist trotz aller Verbalradikalismen weiterhin zutiefst wahl- und parlamentsfixiert.
„Aufstehen“ hebt sich von dieser Fixierung schon dadurch ab, dass es – anders als die in der „Linken“ verinnerlichte Wahlarithmetik ahnen lässt – linke Bündnisse zum zentralen Thema macht. Und zwar Bündnisse mit einem deutlichen sozialen und politischen Profil und nicht mit der Koalitionslogik des kleinsten gemeinsamen Nenners (weshalb die Koalitionäre in Thüringen, Brandenburg und Berlin mit ihrer Kritik ganz daneben liegen). Es ist in höchstem Maße sektiererisch, das große Ansehen, das Sahra Wagenknecht in der Bevölkerung nicht zuletzt wegen ihres deutlichen Profils genießt, einfach unter den Tisch fallen zu lassen. In der aktuellen Medienlandschaft kann diese enorme Popularität vielmehr zu einer Erweiterung dieses Bündnisses und der Entstehung einer echten Bewegung erheblich beitragen.
Ich selbst kann mich als Leiter der Kundgebung mit ihr in einer norddeutschen Stadt noch gut daran erinnern, wie viel auch persönliche Sympathien ihr von kaum politisierten Menschen entgegengebracht wurden. Dass Sektierer darauf gerne verzichten möchten, ist nichts Neues. Sie haben immer Probleme, wenn sich Massen bewegen oder auch nur beginnen sich zu bewegen. Dass aber der Gewerkschaftssekretär Riexinger sich abseits stellt, zeigt, dass auch er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat: Aufstehen ist keine elitäre Initiative abseits der Linkspartei, sondern speist sich zu einem Großteil aus der enorm angewachsenen Unzufriedenheit ihrer Mitglieder (die das „Wagenknecht-Bashing“ längst leid sind). Deshalb wird „Aufstehen“ sich auf keinen Fall „das Standbein in der Linkspartei wegschlagen“, sondern entweder „Die Linke“ erneuern oder gegebenenfalls auch der Aufbruch zu einer neuen Linken sein.