Keine Betten für Kinder

„Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorstellung seiner geplanten Krankenhausreform. Die Zahlen geben ihm Recht: Der Bestand von Kliniken und Krankenhäusern in Deutschland ist von etwa 2.400 im Jahr 1991 auf aktuell 1.887 gesunken. Die kommerziellen Betreiber haben dabei ihren Anteil von 21,7 Prozent im Jahr 2000 auf rund 38 Prozent der Häuser im Jahr 2020 ausgebaut.

Helios, Asklepios und Sana sind die größten kommerziellen Betreiber von Gesundheitseinrichtungen. Und der „Markt Krankenhäuser“ ist für das Kapital vielversprechend. Der private Klinikbetreiber Sana setzte im Jahr 2021 insgesamt rund 3,01 Milliarden Euro um und erwirtschaftete insgesamt rund 67 Millionen Euro Gewinn. Helios/Fresenius konnten sich im gleichen Jahr 728 Millionen Euro Profit sichern.

Quelle dieser Gewinne ist unter anderem das Finanzierungssystem über die Fallpauschalen (englisch: Diagnosis Related Groups – DRGs). Damit sollten die Krankenhäuser typische Kosten für einen bestimmten Eingriff von den Krankenkassen erstattet bekommen, auch die Pflege nach einer Operation. Das hat dazu geführt, dass die mittlerweile von Ökonomen geführten Kliniken möglichst viele gut honorierte Fälle akquirieren und dabei die Kosten senken – viele Beschäftigte sprechen mittlerweile von „blutigen Entlassungen“ von Patienten nach einer Operation, weil die Häuser an einer eigentlich notwendigen Nachversorgung nichts mehr verdienen.

Besonders dramatisch zeigt sich die Situation in der Kinder- und Jugendmedizin. Hier überwiegen Not- und Akutfälle, eben keine planbaren Eingriffe wie Knie-, Rücken- oder andere Operationen wie bei Erwachsenen. Als Ergebnis dieser falschen Finanzierungspolitik ist die Zahl der Betten in der Kinder- und Jugendmedizin zwischen 1991 und 2020 um rund 43 Prozent gesunken mit dem Ergebnis, dass für die Behandlung von Kindern zeitweise keine Betten zur Verfügung stehen.

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"Keine Betten für Kinder", UZ vom 23. Juni 2023



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