1. Der Staat soll aufhören, sich am Gesundheitsfonds zu vergreifen – wie es jetzt bei der Zuweisung von 1,5 Mrd. Euro aus dem Gesundheitsfonds an die Kassen geplant ist. Der Gesundheitsfonds darf nicht zur Manövriermasse staatlicher Finanzpolitik werden.
2. Künftige Ausgabensteigerungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sollen durch Rückkehr zur vollen Parität von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden. Die Fachleute sind sich einig: Im kommendem Jahr werden die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung steigen. Der GKV-Schätzerkreis wird seine Prognose im Oktober bekannt geben. Danach wird die Steigerung der Zusatzbeiträge für das kommende Jahr festgelegt werden. Diese Zusatzbeiträge werden nur von den Versicherten und nicht von den Arbeitgebern aufgebracht. Es ist unangenehm für die Regierungsparteien, dass ausgerechnet im Wahljahr die Zusatzbeiträge deutlich steigen. Bundesminister Gröhe versucht es mit Rosstäuscherei: Um den Anstieg der Zusatzbeiträge abzumildern, sollen den Kassen einmalig zusätzliche 1,5 Mrd. Euro aus dem Gesundheitsfonds zugewiesen werden. Der entsprechende Gesetzentwurf soll noch im Oktober, vor Verkündung der Beitragserhöhung, verabschiedet werden und diese damit abmildern. Mit dieser Zahlung sollen angeblich steigende Kosten für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen sowie Mehrausgaben für die Telemedizin getragen werden.
Die Begründung ist fadenscheinig. Bisher benötigen die Kassen das Geld noch nicht für die Versorgung von Flüchtlingen, da diese in den ersten 15 Monaten von den Kommunen finanziert werden muss. Wie bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern beträgt danach der staatliche Zuschuss 90 Euro pro Versicherungspflichtigem und ist damit bei weitem nicht kostendeckend. Die medizinische Versorgung von Geflüchteten ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die dementsprechend von der öffentlichen Hand zu finanzieren ist. Was auf den ersten Blick wie ein Geschenk für die Krankenkassen aussieht, stellt sich bei näherem Betrachten als Ausplünderung des Reservetopfes der gesetzlich Versicherten dar. Mit der einmaligen Zahlung wird von einem prinzipiellen strukturellen Problem der Krankenversicherung, nämlich der deutlichen Unterfinanzierung versicherungsfremder Leistungen durch den Staatshaushalt, abgelenkt.
Die Bundesregierung versucht von zwei strukturellen Problemen der Krankenversicherung abzulenken: der Unterfinanzierung versicherungsfremder Leistungen durch den Staatshaushalt und der einseitigen Belastung der Versicherten mit den zukünftigen Ausgabensteigerungen der GKV. Auch wir demokratischen Ärztinnen und Ärzte fordern deshalb: Beiträge und Beitragssteigerungen der GKV müssen wieder paritätisch von den Arbeitgebern mitgetragen werden bei ausreichender staatlicher Finanzierung versicherungsfremder Leistungen.
Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte