In den letzten Jahren gab es kaum Erfolge, die die Gewerkschaftsbewegung für sich verbuchen konnte. Ein kleiner Erfolg ist aber die Durchsetzung des Mindestlohnes in Deutschland. Bei allen „Wenn und Aber“ die zu berücksichtigen sind, bestätigen die neuesten Untersuchungen, dass der Mindestlohn für die unteren Einkommensschichten ein Fortschritt war. Fakt ist auch, dass dieser Lohn immer noch zu niedrig ist, um die Reproduktion der Werktätigen zu gewährleisten. Forderungen nach Erhöhungen des Mindestlohnes, wie sie die meisten Gewerkschaften inzwischen erheben, sind daher mehr als angebracht.
Der Mindestlohn gilt unabhängig von der Herkunft der Beschäftigten. Der gesetzliche Mindestlohn sieht aber schon jetzt einige Ausnahmen vor. Beispielsweise dürfen bei Wanderarbeitern, wie Erntehelfern, Kosten für Unterkunft auf den Lohn angerechnet werden. Auch gibt es eine Menge Unternehmen, die mit allen Tricks versuchen den Mindestlohn zu umgehen. Der DGB und die Mitgliedsgewerkschaften ziehen hier aber an einem Strang bzw. einer Kampagne und konnten durch Aufklärungsarbeit viele Missstände aufdecken und Unterstützung organisieren.
Den Unternehmen ist der Mindestlohn ein Dorn im Auge. Schränkt er doch den Konkurrenzdruck insbesondere bei „unqualifizierten“ Beschäftigten ein. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ machte der Chef des Kölner IfO-Institutes Hans-Werner Sinn durch sein Interview deutlich, dass Teile des Kapitals die so genannte „Flüchtlingskrise“ gerne dazu nutzen wollen, um den Mindestlohn wieder zu beseitigen oder zumindest abzuschwächen. Sinn wörtlich: „Es gibt drei Möglichkeiten: Man nimmt nur die Flüchtlinge vom Mindestlohn aus. Man zahlt den Unternehmen Lohnzuschüsse. Oder man senkt den Mindestlohn flächendeckend. Ich würde die letzte Variante wählen (…).“ In sarkastischer Weise fasst er den Sinn seiner Vorschläge selbst in die Worte „Wir würden leichter an eine Putzkraft kommen.“ Dazu plädiert Sinn für eine neue Agenda 2010. Es geht darum, die Löhne weiter unter das Existenzminimum zu drücken und die Kosten für die Flüchtlingsströme auf die Beschäftigten abzuwälzen.
Derzeit wird mit „Willkommenskultur“ und „Wir schaffen das!“ kaschiert, was an Kosten zu stemmen ist, und da sollte der Ansatzpunkt für die Gewerkschaften sein. Die Merkelparole hat sicherlich nicht die Unternehmen im Visier, wenn es um die Kosten geht. So ist die Forderung nach einer höheren Besteuerung von Unternehmen oder einer Sondersteuer zugunsten von öffentlichen Institutionen, nicht nur aufgrund der maroden Infrastruktur, Wohnungsnot oder Personalmangels im Gesundheitswesen, angebracht. Genau das ist aber nicht vorgesehen und Finanzminister Schäuble hat deutlich gemacht, dass er an der schwarzen Null festhalten will. Hier ist es an der Zeit, Zeichen zu setzen und den Widerstand zu organisieren. Gemeinsam mit den Flüchtlingen in den Gewerkschaften kann ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt werden und gemeinsam organisiert der Kampf gegen Ausbeutung geführt werden.