Wie jedes Jahr zur Adventszeit tingelt es auch jetzt wieder durch deutsche Kirchen: Das Friedenslicht von Bethlehem. Von Pfadfinderinnen und Pfadfindern wird die Flamme verteilt an Kirchen im Lande, aber auch an nichtreligiöse „Menschen guten Willens“. Nur: Aus Bethlehem kommt das Friedenslicht in diesem Jahr nicht. Denn die Stadt, in der angeblich vor 2024 Jahren der Namensgeber einer Weltreligion geboren wurde, liegt im Westjordanland. Und dort gibt es keinen Frieden.
Seit dem Sechstagekrieg 1967 hält Israel das Westjordanland besetzt – völkerrechtswidrig, wie der Internationale Gerichtshof im Sommer diesen Jahres in einem Gutachten feststellte.
Neben dem andauernden Völkermord, den Israel seit über einem Jahr in Gaza begeht, verblassen die Verbrechen im Westjordanland in der öffentlichen Wahrnehmung. Während in Gaza Bomben fallen, tobt auf der Westbank der Siedlerkolonialismus. Gegen Ende der 2010er Jahre begann die gewalttätige Vertreibung palästinensischer Bauern, innerhalb weniger Jahre verdoppelten die Siedler die von ihnen beanspruchte Fläche. Ob Bethlehem oder Hebron, Dschenin oder Ramallah, Nablus oder Tubas – beinahe täglich kommt es zu Razzien durch das israelische Militär, zu willkürlichen Verhaftungen – und immer wieder auch zu Todesopfern. Seit dem 7. Oktober vergangenen Jahres wurden auf der Westbank mehr als 770 Palästinenser getötet. Die Mehrzahl von ihnen vom israelischen Militär, der Rest von gewalttätigen Siedlern. Angefacht wird das Morden und der Landraub durch die israelische Politik. So drängte Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit und selbst Siedler im Westjordanland, auf die Verteilung von tausenden Waffen an die Siedler auf der Westbank.
Leben auf der Westbank bedeutet, täglichem Terror ausgesetzt zu sein. In Gaza hat Israel gezielt alles weggebombt und verbrannt, was Menschen zum Leben brauchen: Wohnraum, Bäckereien, Schulen, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur. Im besetzten Westjordanland sollen die Palästinenserinnen und Palästinenser dadurch vertrieben werden, dass ihnen Stück für Stück ihr Land, ihr Lebensraum und letztendlich auch ihre Lebensgrundlage genommen wird. Gezielt werden Olivenbäume und Weinreben von Siedlern zerstört, wer diese Verbrechen dokumentiert, wird von der israelischen Armee beschossen. Der Staat nennt das „Schutz der Siedler“.
Vorangetrieben werden soll damit der zionistische Traum eines Groß-Israels: Frei von Palästinensern, vom Fluss bis zum Meer und darüber hinaus. Der Libanon und Teile Jordaniens, des Irak, Ägyptens und Syriens stehen auf der Zielliste der Zionisten und ihrer rechtsradikalen Regierungsclique. Mit dem Sturz der Regierung Assad sind sie ihrem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Westliche Politiker, auch die deutsche Bundesregierung, feiern den gewaltsamen Umsturz in Damaskus als Befreiung – und ignorieren dabei die Besetzung von Teilen des Landes durch Israel.
Der Weg zur Staatsgründung Israels wurde mit Terror geebnet, Zeit seiner Existenz terrorisiert Israel seine Nachbarn – und vor allem die Palästinenserinnen und Palästinenser. Doch 76 Jahre Mord, Terror und Vertreibung konnten den Widerstand des palästinensischen Volkes nicht brechen. Ebenso wenig wie die Solidarität mit ihnen.