Kenias Präsident kann weiter mit der VR China kooperieren

Kein Wahlkrieg, kein Wechsel

Von Georges Hallermayer

Nach der Präsidentschaftswahl in Kenia hat Oppositionskandidat Raila Odinga seinem Konkurrenten Uhuru Kenyatta Wahlbetrug vorgeworfen. Die Datenbank der Wahlkommission sei gehackt worden, behauptete der 72-Jährige. Die Wahlkommission sprach von einem erfolglosen Hacking-Versuch, den es gegeben habe, und erklärte Kenyatta mit 54,3 Prozent der Stimmen zum Wahlsieger. Odinga kam demnach auf 44,7 Prozent.

Nach Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses soll es bei Protesten der Anhänger Odingas in der Hauptstadt Nairobi Tote und Verletzte gegeben haben. Bewaffnete Polizeieinheiten gingen mit Wasserwerfern gegen sie vor. Auch in der im Westen Kenias gelegenen Stadt Kisumu gab es Proteste, bei denen ein Mann getötet worden sein soll.

Kenyatta und Odinga hatten sich einen harten Wahlkampf geliefert. Der 55-jährige Kenyatta – Sohn des ersten Präsidenten Kenias – möchte nicht als erster Staatschef in die Geschichte des Landes eingehen, dem nur eine Amtszeit vergönnt war. Der 72-jährige Odinga kandidierte zum vierten und vermutlich letzten Mal für das Amt. Er war bereits 2013 gegen Kenyatta angetreten. Nach einem knappen Wahlausgang und Vorwürfen des Wahlbetrugs hatte er damals das Ergebnis vor Gericht angefochten, allerdings erfolglos.

Die Frage der Verschuldung ist im Wahlkampf besonders heiß diskutiert worden. Das mag daran liegen, dass die VR China ein wichtiger Kreditgeber geworden ist. Im Juni 2016 half die Volksrepublik mit einem 600-Millionen-Kredit aus, damit die Regierung die Budgetziele erreichen konnte. Zwar hatte die Regierung unter Präsident Mwai Kibaki bereits 2008 einen Kredit über 84 Mio. Dollar von der VR China aufgenommen, um zwei Umgehungsstraßen um Nairobi bauen zu lassen, und keine drei Jahre später einen weiteren Kredit von 156 Mio. Dollar für den Bau der südlichen Umgehung der Hauptstadt und einen Anschluss zur Hafenstadt Mombasa aufgenommen. Den Mega-Deal mit China machte dann aber Präsident Kenyatta im Mai 2014. Die China-Exim-Bank übernahm und finanzierte den Bau der Bahnstrecke Nairobi-Mombasa durch einen 3,23-Mrd.-Dollar-Kredit zu 90 Prozent mit günstigen Vorzugszinsen. Der kenianische Parlamentsabgeordnete Alfred Keter kritisierte zwar, im Vergleich zu Tansania (5,38 Mio./km) würden die Kosten der Bahnstrecke in Kenia das Dreifache betragen (18 Mio./km). Doch da die Fertigstellung der Strecke in Rekordzeit verkündet werden konnte, punktete Kenyatta im Vorwahlkampf mit einer triumphalen Testfahrt. Die Transportzeit von den Produktionsstätten Kenias zum Ozeanhafen hat sich von 24 auf 6 Tage vermindert, die Frachtkosten für den Export können so auf 40 Prozent der bisherigen gesenkt werden. Und ein zweiter Abschnitt ist mit projektierten 1,5 Mrd. Dollar bereits finanziert.

Die Opposition schäumte: Die chinesische CRBC (China Road and Bridge Corporation), die die Strecke baut, habe das Budget überschritten, die kenianische Regierung sei blind, wenn nicht bestochen. Die Auslandsschulden (60 Prozent bei der VR China) seien von 2010 bis 2014 um 54 Prozent gestiegen, sie würden das Siebenfache des Jahresetats betragen. Unbestritten ist, dass der Anteil der Staatsverschuldung am Bruttosozialprodukt von 36,6 Prozent im Jahr 2006 auf 50 Prozent in 2016 gestiegen ist.

Als am 7. Juli, mitten in der heißen Phase des Wahlkampfes, Präsident Kenyatta den Grundstein für eine Spezial-Wirtschaftszone in Eldoret legte, wo „Africa Economic Zones“ mit „Guangdong New South Group“ in einem Gemeinschaftsunternehmen zwei Milliarden Dollar investieren, wurde der Wahlkampf noch heißer. Ein weiterer Streitpunkt war die Absichtserklärung, einen chinesischen Atomreaktor zu bauen. Finanzierung, Bau und Unterhalt kommen aus der VR China – alles inklusive.

Die „Schicksalswahl“ (Deutsche Welle) von Raila Odinga sollte das Ruder herumreißen, Boden zurückzugewinnen fürs Finanzkapital. Es wäre ein Signal gewesen für das US-amerikanische AGOA-Forum, das vom 8. bis 10. August in der Hauptstadt Togos stattfinden wird, und für den französischen Unternehmerverband MEDEF, der vom 20. bis 24. November in Nairobi einen Wirtschaftsgipfel organisiert.

Ein deutlicher Wahlsieg Kenyattas war zu erwarten. In den westlichen Medien wartete man gespannt auf einen Aufstand wie im Jahr 2007. Denn die Ausgangslage ist gänzlich anders: 2007 waren es noch die beiden größten Volksgruppen, die Kikuyu von Uhuru Kenyatta und die Kalenjin – zusammen stellen sie etwa zwei Drittel der 48 Mio. Kenianer –, die zur Freude der ehemaligen Kolonialherren um die „Fleischtöpfe“ rivalisierten. Doch die Exponenten teilten sich die Macht, Präsident Uhuru Kenyatta und William Miro als Vizepräsident, und fanden sich in der Partei „Allianz“ zusammen. Ihre Allianz-Regierung sucht das Programm „Vision 2030“ zu realisieren, zu dem die kostenlose medizinische Versorgung von Müttern ebenso gehört wie eine flächendeckende Grundschulbildung, Schulspeisung und die Ausstattung aller Schulkinder mit einfachen Laptops.

Raila Odinga hat schwache Karten mit seinen Manipulationsvorwürfen, die Unruhen werden lokal begrenzt bleiben. Er dient nur noch als Aushängeschild für eine Koalition aus einem Dutzend Parteien, geführt von einem uneinheitlichen „Pentagon“ mit fünf Anführern. Die Chefs der Wahlkampagne waren Musalia Mudavadi und Kalonzo Musyoko, beide etwa 20 Jahre jünger als Odinga. Sie werden sich ihre Chancen für später ausrechnen. Dazu kommt, dass nicht nur der Staatspräsident gewählt wurde, sondern auch die Gouverneure der 47 Bezirke Kenias. Kenyattas Partei „Jubilee“ hat hier nur 25 und damit eine knappe Mehrheit der einflussreichen Posten gewonnen, die Opposition mit ihrem „NASA“-Bündnis hält die Mehrheit der Abgeordneten in der Nationalversammlung und im Senat.

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"Kein Wahlkrieg, kein Wechsel", UZ vom 18. August 2017



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