Die Verbrechen der Faschisten waren zahllos, und grausam waren sie alle. Es gab aber besonders bestialische Akte, dazu gehörte der Mord an dem Arbeiter Otto Hurraß aus Lauchhammer. Er starb am 23. Februar 1934 im Verhörzentrum Lichtenburg in Prettin. Sein Vergehen: Er war Kommunist und ließ sich nicht umbiegen.
Die DKP-Grundeinheit Textilarbeiter aus Lauchhammer in Brandenburg wird gemeinsam mit anderen Antifaschisten nach vielen Jahren des Schweigens am 90. Jahrestag seiner Ermordung an Otto Hurraß erinnern.
Hurraß wurde am 21. April 1902 in Bockwitz, heute Lauchhammer–Mitte, geboren. Als Arbeiterkind erlebte er hautnah die Nöte der kleinen Leute. Nach seiner Schulentlassung ging er in die Lehre als Schlosser bei den „Mitteldeutschen Stahlwerken“. Während der Lehrzeit wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Jugend – Grund genug für die Stahlbarone, ihn sofort nach Beendigung der Ausbildung zu entlassen. Als unbeugsam war er schon damals bekannt, die örtlichen Firmen stellten ihn entweder gar nicht oder nur kurzfristig ein. So ging er auf Wanderschaft, bildete sich beruflich weiter und lernte die politische Situation im ganzen Land kennen, nicht nur im „Ländchen“, wie die Gegend um Lauchhammer bis heute genannt wird. Von 1919 an engagierte sich der junge Arbeiter in der KPD.
In den 20er Jahren arbeitete Otto Hurraß als Kraftfahrer und hatte seine eigene Fahrradwerkstatt. Nach der Machtübergabe an die Faschisten geriet der Kommunist schnell in das Visier der braunen Verbrecher. Sie erkannten, dass die revolutionären Arbeiter im „roten Ländchen“ nicht aufgaben, Widerstand organisierten. Zusammen mit 46 anderen Genossen wurde Otto Hurraß verhaftet, beim Verhör mit Gummiknüppeln brutal und schon damals halb totgeschlagen.
Er gab nicht klein bei und der Versuch der Nazipolizei, eine Hochverrats-anklage wegen eines nicht existierenden Maschinengewehrs zu konstruieren, scheiterte kläglich. Ein Spitzel hatte ihn angeschwärzt und behauptet, Hurraß wisse, wo die Waffe versteckt sei. Wieder wurde er verhört, diesmal in seiner Werkstatt. Die SS-Leute, die ihn befragten, schlugen ihn so brutal, dass seine Schmerzensschreie weit in der Nachbarschaft zu hören waren. Eine besonders schlimme Rolle spielte dabei Oberlandjäger H. aus Lauchhammer. „Wenn nicht hier, dann in der Lichtenburg – wir werden ihn schon zum Reden bringen“, war die Meinung der SS-Schergen.
Als sich Otto Hurraß von seiner Familie verabschiedete, ahnte er nach den Worten seiner Frau, dass er nicht mehr zurückkommen werde. Auf der Lichtenburg starb er nach stundenlanger Folter am 23. Februar 1934 morgens um 4 Uhr.
Seine Frau bat einen Verwandten, den Leichnam abzuholen. Die SS bot ihm fünf Mark, wenn er die Leiche „zu Studienzwecken“ da lasse. Er verweigerte dies und brachte die doppelt verschraubte Kiste nach Bockwitz – mit einem polizeilichen Verbot, sie zu öffnen. Seine Frau hielt sich nicht daran. Die Vertuschung dieses Mordes wollte sie nicht zulassen. Sie öffnete den Sarg und ließ die Menschen in ihrer Umgebung sowie den Arzt Dr. Leisterer den Leichnam sehen. Er war auf Holzspäne gebettet, blutete noch immer aus Mund und Nase. Gesäß und Rücken waren schwarzblau, blutunterlaufene Flecken bedeckten seinen ganzen Körper, eine Kniescheibe war zertreten. Neben seiner Frau und Dr. Leisterer bezeugten 18 Personen bei der erstatteten Anzeige den Zustand des Ermordeten. Er wurde am 1. März zur Beerdigung freigegeben, nur Verwandte durften daran teilnehmen. Natürlich wurde die Anzeige nicht weiterverfolgt.
Nichts wird vergessen!
In der DDR wurden der Friedhof und sein Grab besonders gepflegt; eine Straße in Lauchhammer wurde nach Otto Hurraß benannt – und sie heißt heute noch so. Der Friedhof hingegen wird nicht mehr genutzt und ist zunehmend verkommen. Genau auf diesem Friedhof wird die DKP-Grundeinheit Textilarbeiter unter dem Motto „Nichts ist vergessen“ am 90. Jahrestag der Ermordung von Otto Hurraß dafür sorgen, dass die Erinnerung an ihn wieder wachgerufen wird. Neben weiteren Bannern wird ein Transparent mit dem Schriftzug „Und schlug auch der Feind unsere Besten tot – wir kommen wieder, das Ländchen bleibt rot“ auf dem Friedhof angebracht.
Otto Hurraß ist nicht vergessen – davon zeugt auch das große Interesse im Ort an der anstehenden Ehrung. Viele Nachbarn und Freunde von Otto Hurraß trugen Erinnerungen, Informationen und Bildmaterial – darunter auch die hier abgebildete Zeichnung des Arbeiters – zusammen. Randolph Oechslein aus Hof brachte seine Erfahrungen mit antifaschistischer Gedenkarbeit ein und machte Mut, die öffentliche Ehrung anzugehen. Eine gute Quelle war das Buch „Lauchhammer – auf den Spuren der Geschichte“ von Isolde Weser. Eins ist sicher, nach dem 90. Jahrestag der Ermordung von Otto Hurraß werden auch in den kommenden Jahren am 23. Februar wieder rote Nelken auf dem Friedhof von Lauchhammer leuchten.