Bei Playmobil in Mittelfranken werden Beschäftigte und Betriebsrat gemobbt

Kein Spiel

Von Christa Hourani

Die bunten niedlichen Playmobil-Figuren mit den Kulleraugen kennt jeder. Doch nur wenige wissen, dass diese von Geobra Brandstätter im Stammwerk Dietenhofen in Mittelfranken hergestellt werden. Und dort geht es für die Beschäftigten nicht immer so niedlich zu.

Es gibt schon mal wieder Zoff. Seit Jahren gerät das patriarchalisch geführte Familienunternehmen immer wieder mit Negativschlagzeilen in die Medien, sei es wegen unerträglicher Arbeitsbedingungen, psychologischer Einschüchterung, Kündigungen, elektronischer Überwachungssysteme, Behinderung von Betriebsratswahlen, juristischer Maßregelungen oder Diffamierung der IG Metall. Der Konzern hinter dem Markennamen Geobra Brandstätter produziert neben Plastikgießkannen seit 1974 die bei Kindern so beliebten Playmobil-Figuren. Stammsitz ist Zirndorf bei Fürth, daneben gibt es weitere Fabriken in Franken, aber auch auf Malta, in Tschechien und Spanien.

In Franken gibt es seit langem Ärger. Der aktuelle Streit entzündete sich an total überhitzen Werkhallen. Über 37 Grad haben IG-Metall-Betriebsräte in der Werkhalle gemessen. Sie informierten die Beschäftigten per Aushang über ihre Rechte – etwa auf regelmäßige Entwärmungsphasen. Das brachte die Geschäftsführung auf die Palme: Sie will die IG-Metall-Betriebsräte aus dem Betriebsrat herausklagen. Angeblich hätten sie das „Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit“ missachtet. Arbeitgeberhörige Mitglieder des Betriebsrats unterstützen die Geschäftsführung dabei.

Dabei haben die IG-Metall-Betriebsräte aus ihrer Sicht nur „ihren Job gemacht“: Denn per Gesetz sind sie verpflichtet, darüber zu wachen, dass Arbeitnehmerrechte eingehalten werden. Der Arbeitgeber tut gegen die sommerliche Hitze seit Jahren zu wenig. Die Gewerbeaufsicht hatte das bereits angemahnt.

Die arbeitgeberhörigen Betriebsräte jedoch blockierten die Anträge der IG Metall-Betriebsräte auf Maßnahmen gegen die Hitze. In fast gleichlautenden Aushängen wandten sich Geschäftsführung und ihre genehmen Betriebsräte an die Belegschaft, in denen sie den IG-Metall-Betriebsräten „Unverständnis“ und eigenmächtiges Handeln vorwerfen. Angeblich gebe es genügend Maßnahmen gegen die Hitze – und günstig zu erwerbendes Wasser. Es drohten „disziplinarische Maßnahmen“ gegen alle Beschäftigten, die eigenmächtig handeln. So wurden in der Montagehalle die Griffe von den Fenstern abmontiert mit fadenscheinigen Begründungen. Ein Beschäftigter, der einen Löschwasser-Hydranten aufdrehte, um sich abzukühlen, wurde kurzerhand gefeuert. Dabei haben die Kollegen dies in den letzten Jahren immer so gemacht, wenn die Hitze in den Hallen mal wieder unerträglich wurde.

„Ein derartiges Klima der Angst habe ich noch bei keinem anderen Unternehmen erlebt“, sagt Betriebsbetreuerin Bianka Möller von der IG Metall Westmittelfranken.

„Hinter dem Produkt Playmobil stehen wir alle. Doch die Arbeitsbedingungen dahinter sind Sklaventreiberei“, kritisiert ein langjähriger Beschäftigter.

In einigen Abteilungen sei fast jeder vierte Beschäftigte krank. Wer könne, der gehe. Allein in der „In­tralogistik“ mit 60 Mitarbeitern habe seit Anfang August jeder zehnte gekündigt.

Gemeinsames Handeln gegen die Sklaventreiberei ist dringlich. Die ersten Schritte waren erfolgreich: In den Betriebsrat sind 2016 die ersten neun IG Metall-Betriebsräte von den Beschäftigten hineingewählt worden, trotz großer Behinderung der Wahlen durch die Fabrikherren. Seit 2017 gibt es nach jahrelangen Auseinandersetzungen auch einen Tarifvertrag.

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"Kein Spiel", UZ vom 7. September 2018



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