Zum Jahreswechsel marschierten tausende Faschisten, Nationalisten und Russenhasser mit Fackeln durch die Straßen Kiews. Die Ultrarechten feierten den Geburtstag von Stepan Bandera, Gründer der ukrainischen Nationalistenorganisation OUN. Der Nazi-Kollaborateur Bandera kämpfte nicht nur an der Seite der Faschisten gegen die Rote Armee, sondern war auch noch nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein Aktivposten der westlichen Geheimdienste. Der jahrhundertalte Antikommunismus und Russenhass hat sich bis heute erhalten, sowohl bei den Machthabern in Kiew als auch in den Amtsstuben in Europa. In diesem Punkt ist man sich von Wladimir Selenski bis Annalena Baerbock einig. Bandera wurde 2010 posthum der Titel „Held der Ukraine“ verliehen. Die Kollaboration besteht fort.
Zwar hat Washington klargemacht, dass es Kiew bei dem von ihm geplanten Kriegsabenteuer gegen die Donbass-Republiken, welches sich umgehend in einen Krieg mit Russland ausweiten würde, militärisch nicht beizuspringen gedenkt. Damit ist allerdings die Kuh noch längst nicht vom Eis. Laut dem Vertreter der Lugansker Volksrepublik im Waffenstillstands-Kontrollzentrum JCCC hat es 2021 durch die Selenski-Truppen 534 Waffenstillstandsverletzungen gegeben – doppelt so viele wie 2020. Kiew hofft, wenn es nur aggressiv genug agiert, mit EU-Unterstützung doch noch zu seinem Krieg zu kommen. Die Umsetzung des Minsker Abkommens, welches die direkten Verhandlungen Kiews mit den Donbass-Republiken erforderte, ist da natürlich kein Thema. Auch das eint Kiew mit Frau Baerbock und den Herren Borrell und Stoltenberg.
Diese Ansammlung hemmungsloser Kriegstreiber unmittelbar vor der eigenen Haustür kann nicht ohne russische Antwort bleiben. „Wir können uns nirgendwohin zurückziehen“, so Wladimir Putin. „Keinen Schritt zurück“, wiederholte Sergej Lawrow die berühmte Parole aus Stalins Befehl 227 vom 28. Juli 1942, unter der die Rote Armee den aufopferungsvollen Widerstand in Stalingrad organisierte, welcher der Wehrmacht schließlich das Rückgrat brach. Es sagt viel über die strategische, aber auch emotionale Situation in der russischen Führung, wenn öffentlich diese Parallele gezogen wird. Der Vormarsch des Westens, diesmal der US- und NATO-Verbände, in Richtung Moskau muss wieder einmal gestoppt werden. Mit allen Mitteln.
Allerdings sehen die Mittel 2022 völlig anders aus als 1942. Damals kämpfte die Rote Armee gegen eine militärtechnologisch weit überlegene, äußerst erfahrene Armee, welche auf die industriellen und personellen Ressourcen nahezu ganz Europas zurückgreifen konnte. Heute – nach den Niederlagen in Vietnam, Afghanistan und Irak sowie den gescheiterten Regime-Change-Versuchen in Syrien, Belarus, Venezuela und Kuba – ist vom Nimbus der Unbesiegbarkeit des Westens nicht mehr viel vorhanden. Russland hat seine Hyperschall-Fähigkeiten am 24. Dezember 2021 mit dem Start einer Salve von etwa zehn 3M22-Tsirkon-Raketen unter Beweis gestellt. Die Raketen haben eine Reichweite von über 1.000 Kilometern, erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu Mach 9 (circa 11.000 km/h) und besitzen die Fähigkeit, untereinander zu kommunizieren und so eine hocheffiziente Angriffsformation zu bilden. Tsirkon & Co. dürften für einen eventuellen Militärnachschub in die Ukraine eine ziemliche Hürde darstellen. Gleichzeitig wurde das neue S-550-Luftverteidigungssystem vorgestellt. Zusammen mit dem S-500-System verfügen die russischen Streitkräfte damit über weitreichende Luftverteidigungssysteme, mit welchen die US-amerikanischen Weltraummilitärstrukturen außer Gefecht gesetzt werden können. Damit dürfte die hochgradig von Satellitensteuerung abhängige US-Militärmaschine ernsthafte Orientierungs- und Koordinierungsprobleme bekommen – um es gelinde zu formulieren.
Die hoch entwickelten Fähigkeiten des russischen Militärs dürften das Pentagon auf den Boden der Realitäten zurückgeholt haben. Die US-Absage für das Selenski-Abenteuer, die gehäuften russisch-amerikanischen Gespräche, die Verschiebung einer ukrainischen NATO-Mitgliedschaft dürften hier ihren Grund haben. Ob Washington aber tatsächlich bereit ist, Russland die gewünschten Garantien zu geben, dass der Vormarsch gen Osten gestoppt wird, darf bezweifelt werden.