Betr.: „Prüfstein Berufsverbot“, Kolumne von Hans-Peter Brenner, UZ, 27. 1.

Kein Held

Von Norbert Birkwald, Mörfelden-Walldorf

Die Kolumne ruft in Erinnerung, welch verheerende Wirkung der „Radikalenerlass“ seit 1972 entfaltet hat.

Aber, mit Verlaub, ich bin kein Held. Berufsverbot 1975; u. a. hatte der Geheimdienst folgende Erkenntnisse über mich gesammelt: Mein Auto, ein alter 2CV, wurde auf einer Demonstration gegen Umweltverschmutzung durch die Farbwerke Hoechst in Frankfurt am Main gesehen; ich habe einen Artikel in der Mitgliederzeitung der DFG-VK geschrieben, in der ich meine Mitgliedschaft in der DKP erwähnt hatte. Geholfen hat mir meine Partei sehr konkret.

Die verfassungswidrige Bespitzelung meiner Person hat mich vor keine Prüfung gestellt. Vor eine Prüfung hat mich Anfang der neunziger Jahre versucht, der rechtssozialdemokratische Vorsitzende des Vertrauenskörpers bei der „Schnellpresse“ in Heidelberg (Heidelberger Druckmaschinen AG) zu stellen: „Wenn du heute Abend erklärst, du bist aus der DKP ausgetreten, wählen wir dich zum 2. Bevollmächtigten“. Dieser Versuch scheiterte, ich behielt den aufrechten Gang bei. Das war auch keine Heldentat. Ich gelang in keine Wahlfunktion, blieb jedoch Gewerkschaftssekretär.

Mit großen, ungläubigen Augen haben uns Besucher des Verwaltungsgerichts in Wiesbaden am 12. Januar angeschaut, als wir, hundert Leute hoch, die Sicherheitskontrolle des Gerichtsgebäudes verstopften. Und so hatten wir Gelegenheit, ihnen zu erklären, was uns dort hingetrieben hat. Nämlich die schamlose Bespitzelung von Silvia Gingold durch den Geheimdienst.

Mut macht, dass seit mehr als fünf Jahren Gewerkschaften, allen voran GEW, IG Metall und ver.di, die Speerspitze bilden bei der Forderung nach Rehabilitierung und Wiedergutmachung der Berufsverbotbetroffenen. Beeindruckend ist dabei, wie souverän die GEW bezüglich der damaligen Unvereinbarkeitsbeschlüsse mit sich ins Gericht geht.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Kein Held", UZ vom 3. Februar 2017



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]

    Das könnte Sie auch interessieren

    Unsere Zeit