Waffenstillstandsverhandlungen ohne Ergebnis – Angriffe im Norden Israels gehen weiter

Kein Frieden ohne Gaza

Seit Monaten dauern Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gaza und den Austausch der Geiseln an. Und immer wieder gibt es Vermutungen, dass ein Ergebnis „unmittelbar“ bevorsteht. Zuletzt gab es vor dem israelischen Angriff auf Rafah die Unterschrift der Hamas unter ein vorläufiges Ergebnis. Später stellte US-Präsident Joseph Biden einen angeblich israelischen Entwurf vor, der viele Forderungen der Hamas aufgriff. Und sogar der UN-Sicherheitsrat konnte sich auf einen Text einigen, der wiederum Bidens Vorschlag glich.

Bisher jedoch verliefen alle Einigungsbemühungen im Sande. Einer der zentralen Streitpunkte ist die Dauer des Waffenstillstandes. Die UN-Resolution formuliert eindeutig: „In Phase zwei würde sich ein andauerndes Ende der Feindseligkeiten und ein Abzug der israelischen Armee aus dem gesamten Gebiet des Gazastreifens ergeben … In Phase drei würde ein mehrjähriger Wiederaufbauplan für Gaza beginnen.“

Für Benjamin Netanjahu ist jede Rede von einem andauernden Waffenstillstand von vornherein verfehlt, solange die militärischen und organisatorischen Fähigkeiten der Hamas nicht zerstört sind. Sein Konkurrent Benjamin Gantz wäre immerhin zu einem Aufschub der weiteren Kämpfe bereit. „Wenn dadurch die Geiseln ausgetauscht werden können, ist es kein Problem, wenn wir das, was wir in Gaza tun müssen, in einem oder zwei Jahren tun …“ erklärte er in einem Interview. Und er fügte hinzu, dass die Situation im Norden Israels wichtiger sei als Gaza.

Gantz gab der Regierung erneut eine Frist: Bis zum 1. September, dem Beginn des neuen Schuljahres, sollten die von den Kämpfen vertriebenen Einwohner wieder in den Norden Israels zurückkehren können. Ohne einen Waffenstillstand in Gaza ist jedoch an ein Ende der Kämpfe im Norden Israels nicht zu denken.

Gantz hat sein erstes Ultimatum umgesetzt – den Rücktritt aus dem Kriegskabinett, sollte es keine Änderung der israelischen Politik geben. Das erhoffte Ergebnis aber blieb aus. Die Regierungskoalition, die auf die Unterstützung durch Gantz nie angewiesen war, blieb stabil. Folgerichtig erklärte Netanjahu die Auflösung seines Kriegskabinetts. Künftig sollen in „kleinen Foren“ Entscheidungen besprochen werden.

In Massendemonstrationen und Straßenblockaden halten die Proteste in Israel gegen Netanjahu, für Neuwahlen und ein Abkommen mit Hamas, an. Trotz aller Proteste – an denen jetzt auch Gantz auf der Straße teilnimmt – sind Neuwahlen nicht abzusehen. Mit der Einladung an Netanjahu, vor dem US-Kongress zu sprechen, ist auch die weitere Unterstützung durch die USA für seine Politik gegeben.

In einer Fernsehansprache anlässlich des hohen Feiertags des islamischen Opferfestes Aid al-Adha erklärte der Vertreter der Hamas, Ismail Haniyeh, die Organisation akzeptiere bis auf wenige zweitrangige Änderungswünsche die Vorschläge Bidens und der UN. Die israelische Regierung dagegen behauptet, in den Änderungswünschen gehe es um zentrale Punkte des Vorschlags.

In Gaza gelingt es der israelischen Armee noch immer nicht, die Situation zu kontrollieren. Am Samstag starben acht Soldaten bei einem Angriff der Hamas. Für Netanjahu war das erneut Anlass, in einer Fernsehansprache am israelischen Kriegsziel festzuhalten: der vollständigen Zerstörung der Hamas. Für ein Abkommen bleibt da kein Platz. Eine vielbesprochene taktische „Beschränkung“ der Angriffe betrifft nur ein kleines Gebiet, die Kämpfe in Rafah dagegen gehen weiter.

Die G7-Staaten warnten inzwischen in einem Lippenbekenntnis vor einer Schwächung der Autonomiebehörde und vor einer Eskalation an der Grenze zum Libanon. Ohne Waffenstillstand in Gaza – vielleicht im sechsten Anlauf – bleibt jedoch die gesamte Region unter dem Schatten eines möglichen Krieges.

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"Kein Frieden ohne Gaza", UZ vom 21. Juni 2024



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