Weißhelme verlassen Syrien

Kein Erfolg

Von Manfred Ziegler

Mehrere Dutzend Mitglieder des IS drangen am 25. Juli in die Stadt Suweida im Süden Syriens ein und töteten bei Kämpfen und Selbstmordanschlägen 250 Menschen. Suweida liegt am Rande der Gebiete zwischen Daraa und Quneitra, aus denen die syrische Armee in den letzten Wochen die Dschihadisten vertrieben hatte. Ein besonderes Ziel für den IS war Suweida wegen seiner Bevölkerung aus Drusen und einer Minderheit von griechisch-orthodoxen Christen.

Lange Zeit blieben die Aktivitäten des IS, von al-Nusra und anderen Gruppen im Südwesten Syriens im Westen unbeachtet. Hier fanden sie ein Refugium im Tal des Flusses Jarmuk und um die Waffenstillstandlinie, die seit 1973 zwischen den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen und der syrischen Armee bestand.

Die Dschihadisten konnten sich hier frei bewegen. Die UN-Beobachter, die den Waffenstillstand sicherstellen sollten, zogen sich auf die israelische Seite zurück. Österreichische UN-Beobachter spielten 2012 eine besonders üble Rolle: Sie wussten von einem Hinterhalt, warnten aber syrische Polizisten nicht davor. Alle neun syrische Polizisten wurden von den Dschihadisten getötet. Im Jahr darauf zog Österreich alle seine Beobachter vom Golan ab.

Das israelische Militär unterstützte die Dschihadisten logistisch und medizinisch und – wie „Newsweek“ vor einem Jahr berichtete – auch finanziell. Das Ziel war, eine Truppe verbündeter Dschihadisten in diesem Gebiet aufzubauen. Weitere direkte Unterstützung erhielten die Dschihadisten durch den Abschuss eines syrischen Militärflugzeugs durch israelische Patriot-Raketen am 24. Juli. Die Trümmer des syrischen Flugzeugs gingen in einem Gebiet nieder, das noch unter Kontrolle der Dschihadisten steht. Sie waren das Ziel des syrischen Angriffs – und nicht etwa Israel.

In einer Art Höhepunkt der Unterstützung folgte Israel der Bitte der Regierungen der USA und europäischer Länder und brachte mehrere hundert „Weißhelme“ und ihre Angehörigen vom Golan nach Israel und von dort nach Jordanien. Ausgerechnet die „Bild-Zeitung“ berichtete als erste von der Aktion. Straßen wurden gesperrt, vorübergehend wurden die „Weißhelme“ in einer israelischen Militäreinrichtung untergebracht, bevor sie nach Jordanien gebracht wurden. Dort erhielten sie Asyl, bis sie nach Großbritannien, Deutschland, in die USA und andere Länder gebracht werden.

Die Rolle der Weißhelme als mediale Unterstützer der Dschihadisten ist bekannt – zuletzt aus dem Versuch, einen Chemiewaffen-Angriff zu inszenieren, für den dann die syrische Armee verantwortlich gemacht wurde. Für solche Aktivitäten wurden sie ausgebildet (in der Türkei) und finanziert. Bis Oktober 2016 erhielten die Weißhelme von der britischen Regierung ca. 35 Millionen Euro. Die staatliche US-Organisation USAID zahlte in diesem Zeitraum mindestens 20 Millionen Euro, die deutsche Regierung begnügte sich mit 7 Millionen Euro – für 2016 alleine. Viele weitere Regierungen tragen zur Finanzierung der Weißhelme bei und sie sind die staatlich best-finanzierte „nichtstaatliche“ Organisation (NGO).

Wie wichtig den beteiligten Regierungen die Evakuierung ihrer Helfer aus Syrien war, machen die begeisterten Reaktionen deutlich. Der britische Außenminister Jeremy Hunt sprach von fantastischen Nachrichten und nannte die Weißhelme die „Mutigsten der Mutigen“ und einen „Hoffnungsschimmer“. Außenminister Maas sprach weniger blumig von Bewunderung und Respekt. Dafür zeigte sich erneut deutsche Effizienz: Die ca. 50 Personen, die Deutschland aufnimmt, müssen kein Asyl beantragen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erteilte ihnen nach Ministeriumsangaben eine Aufenthaltsgenehmigung.

Die Flucht der Weißhelme aus dem Golan zeigt: Die Hundert oder möglicherweise mehrere Hundert Millionen Euro, mit denen sie finanziert wurden, haben sich für ihre Geldgeber nicht bezahlt gemacht. Und auch der israelische Versuch, verbündete Dschihadisten im Grenzgebiet zu Syrien aufzubauen, ist gescheitert.

Vom Wiederaufbau des Landes werden die Unterstützer der Weißhelme und Dschihadisten weitgehend ausgeschlossen sein.

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"Kein Erfolg", UZ vom 3. August 2018



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