ver.di erkennt Urteil im Rechtsstreit mit Orhan Akman nicht an

Kein Dialog

Die von ver.di gegen Orhan Akman ausgesprochenen fristlosen Kündigungen sind unwirksam – das entschied das Berliner Arbeitsgericht am 13. Dezember 2022. Das Gericht entschied zudem, dass Akman bis zu einem rechtskräftigen Urteil weiter als Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel zu beschäftigten ist. Ein eindeutiges Urteil, das der ver.di-Bundesvorstand jedoch nicht anerkennen will. „Statt den Weg des Dialoges zu suchen und die notwendige Debatte um den richtigen Kurs aus der Krise zu öffnen, zieht der Vorstand vor das Landesarbeitsgericht. Es scheint, als wolle der ver.di-Bundesvorstand den inhaltlichen gewerkschaftspolitischen Konflikt lieber mit arbeitsrechtlichen Mitteln fortsetzen“, kommentierte Akman Anfang der Woche.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg habe Akman zunächst darüber informiert, dass „die Beklagte (also ver.di) mit Schriftsatz vom 27. 12. 2022 zunächst Berufung eingelegt und (…) am selben Tag ihre Berufung wieder zurückgenommen“ habe. Damit wäre das Urteil in Bezug auf die Kündigungen rechtswirksam. Am letzten Tag der Berufungsfrist habe ver.di jedoch erneut Berufung beim LAG eingelegt. „In dem Schreiben der Anwaltskanzlei, die ver.di vertritt, wurde mir ein Prozessarbeitsverhältnis angeboten und weiterhin auf den arbeitgeberseitig angeordneten Abbau der Mehrarbeitsstunden gepocht.“

Akman wertet das als den Versuch, ihn bis zum ver.di-Bundeskongress, der Mitte September in Berlin stattfinden wird, auf das Abstellgleis zu schieben. Denn er hatte angekündigt, für den ver.di-Bundesvorstand kandidieren zu wollen. Daran hält Akman nach eigenen Aussagen weiterhin fest, auch wenn ein „direkter inhaltlicher Austausch“, der ihm unter anderem ermögliche, innerhalb der Gewerkschaft für seine Kandidatur als Mitglied des Bundesvorstands zu werben, „unter diesen Umständen nahezu unmöglich“ sei.

Er habe mehrfach mitgeteilt, dass er seine Arbeitskraft anbiete. ver.di habe dies aber abgelehnt und versucht, einen einseitigen Abbau von Überstunden anzuordnen, was ver.di-internen Regelungen und Betriebsvereinbarungen widerspreche.

Statt auf Dialog setzt der ver.di-Bundesvorstand also weiterhin auf formale und arbeitsrechtliche Mittel. Akman war im letzten Jahr zweifach gekündigt worden, darunter eine sogenannte „Verdachtskündigung“. Eine dritte Kündigung hatte ver.di aufgrund von Formfehlern wieder zurückgezogen. Zudem wurde Akman als Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel abgesetzt, ohne dass der Bundesfachgruppenvorstand einbezogen wurde. Seine Tarifvollmachten wurden ohne Angabe von Gründen und ohne die Beteiligung der jeweiligen Bundestarifkommissionen widerrufen. Darüber hinaus habe ver.di fünf Monate lang keinen Cent Gehalt überwiesen, so Akman.

Gegen dieses Vorgehen gab und gibt es Solidaritätsbekundungen von Kolleginnen und Kollegen aus ver.di, die eine inhaltliche Auseinandersetzung und eine Rücknahme der Kündigungen fordern. Akman selbst hat in verschiedenen Stellungnahmen und Interviews dargelegt, wie er sich eine Neuausrichtung der Gewerkschaften und ihrer Tarifpolitik vorstellt (UZ vom 20. Januar). Auf seiner Website hat er in der vergangenen Woche zudem ein Konzept zur Neuausrichtung der Tarifpolitik im Handel vorgelegt. Darin schlägt er unter anderem vor, einen Manteltarifvertrag für die gesamte Handelsbranche abzuschließen. Dieser soll übliche Regelungen, etwa für Arbeits- und Pausenzeiten, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Zuschläge und betriebliche Altersvorsorge der Beschäftigten umfassen. Durch den enormen Konzentrationsprozess der Branche sei es folgerichtig, regionale Tarifverträge zu überwinden und sich „auf den Weg bundeseinheitlicher Tarifverträge“ zu begeben.

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"Kein Dialog", UZ vom 3. Februar 2023



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