Demonstration in Stuttgart gegen Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland

Kein Bock auf Raketenschach

Auf dem NATO-Gipfel am 10. Juli haben die Regierungen der USA und Deutschlands en passant verkündet, dass ab 2026 neue US-Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert werden, die atomar bestückt werden können. Das erinnert fatal an den NATO-Doppelbeschluss von 1983, der damals die Kriegsgefahr zuspitzte, aber auch zum Entstehen einer gewaltigen Friedensbewegung führte. 1983 wurde mit dem Doppelbeschluss zumindest der Anschein von Verhandlungsbereitschaft erweckt, zudem wurde er im Bundestag diskutiert und beschlossen. Diesen Anschein demokratischer Entscheidungsfindung hält Bundeskanzler Olaf Scholz nicht mehr für notwendig. Er teilt nur noch mit, was ein unbekannt zusammengesetzter Ausschuss der Herrschenden im Hinterzimmer entschieden hat.

Gegen diese qualitative Steigerung der Kriegsgefahr hat die Stuttgarter Friedensbewegung am 25. Juli kurzfristig Kundgebungen und eine Demonstration durch die Innenstadt organisiert. Mit über 200 Friedensbewegten nahmen doppelt so viele Menschen teil wie bei vergangenen Aktionen in jüngerer Zeit. Damit wird deutlich: Für viele Menschen ist nun ein Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr schweigen können.

Jürgen Wagner von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung bezeichnete in seiner Rede die geplante Aufstellung von Mittelstreckensystemen in Deutschland als einen brandgefährlichen Schritt, der die Gefahr einer Konfrontation mit Russland weiter erhöhe und Deutschland zu einem zentralen Schauplatz dieser Auseinandersetzungen mache. Er wies darauf hin, dass die Kündigung des INF-Vertrags durch die USA im Februar 2019 den Auftakt dafür gebildet habe. Begründet wurde der Ausstieg damit, Russland habe den Vertrag zuerst mit seinem Marschflugkörper 9M729 verletzt. Russland bot Vor-Ort-Inspektionen zur Verifizierung an, die der Westen ebenso wie auch spätere russische Vorschläge für ein Moratorium auf die Stationierung von Mittelstreckensystemen rundweg ablehnte. Wir stünden heute hier, schloss Wagner, weil wir keine weitere Eskalation wollten und Deutschland nicht zum Hochwertziel im neuen Raketenschach machen wollten.

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