Kein Abschluss ohne Mindestbetrag

Yvonne Schuld im Gespräch mit Michaela Stasche

Michaela Stasche ist Personalrätin bei der Stadt Rüsselsheim und Sprecherin der ver.di-Vertrauensleute.

UZ: Der Öffentliche Dienst ist mit der Forderung nach 6 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro in die Tarifauseinandersetzungen gegangen. Wie haben die Arbeitgeber bisher auf diese Forderungen reagiert?

Michaela Stasche: Neben dem üblichen Klagen der Arbeitgeber, dass unsere Forderungen zu hoch wären – bei sprudelnden Einnahmen des Bundes! –, reagieren die Arbeitgeber nicht nur abwehrend, sondern auch mit einem beispiellosen Zynismus. So haben sie eine Erhöhung der Löhne ab der Eingruppierung EG 9c in Aussicht gestellt und für die unteren Lohngruppen eine Nullrunde „angeboten“. Das hieße für Beschäftigte mit Hochschulabschluss eine Erhöhung, während Erzieherinnen, Müllwerker, und Verwaltungsangestellte leer ausgehen sollen. Die Arbeitgeber begründen ihr „Angebot“ mit dem Fachkräftemangel in höheren Entgeltgruppen. Den Fachkräftemangel bei den unteren Lohngruppen leugnen sie.

UZ: Welche Chancen siehst du, dass gerade auch die Forderung nach einem Mindestbetrag in den Tarifverhandlungen durchgesetzt wird?

Michaela Stasche: Ohne Mindestbetrag kann es keinen Abschluss geben. Gerade die unteren Lohngruppen müssen kräftig angehoben werden. Wird z. B. ein Fahrer beim Müll eingestellt, erhält er anfangs 2 249,11 Euro brutto. Das ist kein Lohn, das ist Elend. Aber gerade an dieser Stelle blocken die Arbeitgeber mit dem Argument, dass die Privatwirtschaft noch weniger zahlt. Abgesehen davon, dass das nicht stimmt – der öffentliche Dienst liegt mit ca. 4 Prozent hinter den Einkommen in der Privatwirtschaft – zeigt die Blockadehaltung der Arbeitgeber, dass es eine harte Tarifauseinandersetzung wird. Wir sind aber gut aufgestellt: Gerade die Forderung nach einem Mindestbetrag kommt bei unseren Mitgliedern gut an und wirkt ungemein mobilisierend.

UZ: Bei den aktuellen Tarifforderungen sticht die Forderung des Öffentlichen Dienstes bei der Höhe, vor allem aber beim Mindestbetrag etwas hervor. War es einfach, in ver.di Mehrheiten für diese Forderung zu bekommen?

Michaela Stasche: In Südhessen fordern wir seit Jahren einen Festbetrag. Wir sind davon überzeugt, dass wir als Gewerkschaft gerade für die unteren Einkommen kräftige Einkommenserhöhungen erkämpfen müssen. Prozentforderungen bringen denen, die eine Erhöhung dringend brauchen, am wenigsten und dienen letztendlich nur dazu, die Spanne der Einkommensschere weiter zu vergrößern. Leider haben wir uns bisher mit unserer Festgeldforderung noch nie in unserer Organisation durchgesetzt. Die jetzige Forderung nach einem Mindestbetrag ist dem Druck der Basis geschuldet und auch Ergebnis unserer Hartnäckigkeit.

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"Kein Abschluss ohne Mindestbetrag", UZ vom 13. April 2018



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