Zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg im letzten Jahr legte der Neue Impulse Verlag zwei Bücher wieder auf, die in keinem „antifaschistischen“ Bücherregal fehlen dürfen: Allan Mersons „Kommunistischer Widerstand in Nazideutschland“ und Emil Carlebachs „Hitler war kein Betriebsunfall“.
Carlebachs Buch zeichnet sich durch eine einfache, aber lebendige Sprache aus. Ihm gelingt es, mit Hilfe zahlreicher Dokumente den Weg Hitlers an die Macht nachzuzeichnen. Er benennt nicht nur diejenigen aus Kapital und Militär, die ein Interesse am Naziregime hatten, sondern belegt deren aktives Handeln für den Faschismus.
Er zeichnet ein anschauliches Bild von der katastrophalen sozialen Lage der Bevölkerung der Weimarer Republik in der Folge der Weltwirtschaftskrise 1929. Auf der anderen Seite das Monopolkapital, die bürgerlichen Eliten und die Generalität. Mit besonderer Dreistigkeit bereiteten sie einen zweiten Anlauf zur deutschen Herrschaft über Europa vor und strebten danach, die Arbeiterbewegung zu zerschlagen. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse wurde festgehalten: „Ohne die Zusammenarbeit der deutschen Industrie und der Nazipartei hätten Hitler und seine Parteigenossen niemals die Macht in Deutschland ergreifen und festigen können und das Dritte Reich hätte nie gewagt, die Welt in einen Krieg zu stürzen.“
Von diesen Erkenntnissen wollten die Herrschenden 1978, zur Erstauflage des Buches, nichts wissen. Über 40 Jahre später, aus einer vorherrschenden Position in Europa und neuen imperialistischen Ambitionen des deutschen Monopolkapitals, erst recht nicht.
Im Vorwort fragte Carlebach 1978 rhetorisch: „Soll in Schule, Universität, in Forschung und Politik lieber verhüllt als enthüllt werden, wie es zu der sogenannten ‚Machtergreifung‘ kam?“ Heute muss man diese Frage bejahen. Bücher und Filme über Hitler, zig Titelseiten des „Spiegel“ – nicht zur Erklärung, sondern zur Verklärung. Mit Auschwitz und Menschenrechten werden seit Ende der 1990er Jahre Kriege begründet, die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung Europas verschwiegen, Faschismus und Sozialismus gleichgesetzt. Moralisierendes Gerede gegen Rassismus und für Vielfalt verbindet sich mit Hetze gegen Russland und China: Das deutsche Monopolkapital arbeitet daran, die Massen ideologisch für seine Interessen zu mobilisieren. Carlebachs Buch zeigt auf, dass dazu auch Faschisten gehören – ihre Rolle aber ohne die dahinterstehenden Interessen nicht verstanden werden kann.
Emil Carlebach, Hitler war kein Betriebsunfall
Neue Impulse Verlag, 224 Seiten, 16,80 Euro
Emil Carlebach, geboren 1914 in Frankfurt, wuchs in einer bürgerlich-konservativen Kaufmannsfamilie auf. 1933 verhaftet beim Verteilen von Flugblättern, vier Wochen Gefängnis. Ein Jahr später erneut verhaftet, drei Jahre Gefängnis, anschließend Konzentrationslager Dachau, dann Buchenwald. Er war Blockältester im jüdischen Häftlingsblock und gehörte zu den Organisatoren der Selbstbefreiung des KZ Buchenwald.
1945 kehrte er nach Frankfurter zurück, wurde Stadtverordneter und Mitglied des Landtags. Er gehörte zu den Herausgebern der „Frankfurter Rundschau“, bis ihm 1947 die US-Militärbehörden die Herausgeberlizenz entzogen. Nach dem KPD-Verbot 1956 floh er in die DDR und wurde Chefsprecher beim Freiheitssender 904, mit dem die KPD versuchte, in die BRD zu wirken.
1969 kam Emil Carlebach in die Bundesrepublik zurück, wurde Mitglied der DKP. Er wirkte vor allem in der VVN und als Chefredakteur der antifaschistischen Wochenzeitung „die tat“. Emil Carlebach starb vor 20 Jahren, im April 2001.
Georg Fülberth fragt in einem Referat, was von Emil Carlebach bleibt: „Das Sozialismusverständnis des Kommunisten Emil Carlebach war geprägt vom Kampf gegen den Faschismus und gegen die Weltkriegsgefahr, nach 1945: die Gefahr eines atomaren Weltkriegs. Beide waren für ihn Resultate des Kapitalismus. Der Sozialismus, nicht irgendein Liberalismus, war für ihn die Gegenordnung.
Der Faschismus ist nicht Vergangenheit, sondern bleibt ein Beweger der bürgerlichen Politik, solange es die bürgerliche Gesellschaft gibt. Hiergegen anzugehen, so wie Emil Carlebach das tat: das ist die Aufgabe, die er uns hinterließ. Wir ehren ihn, indem wir diese Aufgabe annehmen.“
Gespräche mit Emil Carlebach gibt es im „Zeitzeugen-Portal“ bei youtube.com