Kommunen fordern Hilfe gegen finanziellen Zusammenbruch

Kaputtgespart

Städte, Landkreise und Gemeinden stehen im Kampf gegen die Verbreitung von Covid-19 unter großem Druck. Die Gefahren des Infektionsgeschehens und ständig neue Verordnungen treffen auf überforderte Gesundheitsämter und kaputtgesparte Strukturen. Während die Pandemie weiter auf ihren Höhepunkt zusteuert, schwebt über den Kommunen das Damoklesschwert des finanziellen Zusammenbruchs. Auf der einen Seite stehen zusätzliche Ausgaben in noch nicht zu beziffernder Höhe: Die Sozialausgaben steigen, neues Personal wird benötigt, Hygiene- und Schutzmaßnahmen müssen organisiert und umgesetzt werden. Zugleich werden vielerorts kommunale Hilfsfonds geschnürt, mit denen insbesondere Kulturschaffende, kleine Gewerbe und Gastronomen unterstützt werden sollen.

Auf der anderen Seite brechen die Einnahmen weg: geschlossene Schwimmbäder und Kultureinrichtungen verkaufen keine Tickets, der ÖPNV fährt gewaltige Verluste ein, Gebühren und Beiträge entfallen. Die Steuereinnahmen sinken drastisch. Im Jahr 2020 sollen nach der jüngsten Steuerschätzung rund 15,6 Milliarden Euro weniger als ursprünglich geplant in die kommunalen Haushalte fließen. Im Vergleich zum Jahr 2019 wird ein Gewerbesteuereinbruch von circa 20 Prozent prognostiziert.

Die kommunalen Spitzenverbände fordern daher einen finanziellen Rettungsschirm von Bund und Ländern. Der „Deutsche Städte- und Gemeindebund“ sprach in einem Statement von „finanziellen Ausfällen in noch nie dagewesenem Maß“. In einem Sofortprogramm fasst der Verband seine wichtigsten Forderungen zusammen. Dazu gehören: Sicherung der Liquidität, ein stärkeres Engagement des Bundes in der Sozialhilfe, ein Konjunkturprogramm für die kommunale Wirtschaft und die Kompensation der krisenbedingten Einnahmeverluste.

Am vergangenen Wochenende berichtete die „Rheinische Post“ über ein Konzeptpapier des Bundesfinanzministeriums. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) plant demnach eine „einmalige Hilfe des Bundes“. Knapp 57 Milliarden Euro sollen insgesamt bereitgestellt werden. Ein Teil des Geldes soll zur Abfederung der Krisenfolgen eingesetzt werden, während in einem zweiten Schritt das schon länger angekündigte Programm zur Übernahme der kommunalen Altschulden umgesetzt werden soll. Für die Umsetzung dieser Reform wäre eine Grundgesetzänderung notwendig. Doch die dafür benötigte Zweidrittelmehrheit könnte schon am Koalitionspartner scheitern: Auf die Veröffentlichung der Pläne folgte prompt Kritik aus der CDU-Bundestagsfraktion. Außerdem sollen sich die Bundesländer zur Hälfte an den Kosten beteiligen.

Doch der bisherige Umgang der Landesregierungen mit den kommunalen Nöten könnte unterschiedlicher nicht sein. Während Rheinland-Pfalz bereits einen eigenen Rettungsschirm ins Leben gerufen hat, wurden in Hessen die für Juni und Juli geplanten Landeszuweisungen in den Mai vorgezogen. In Nordrhein-Westfalen wurden die Kommunen dagegen angewiesen, die krisenbedingten Schäden in einem bilanziellen Sonderposten zu isolieren und später abzuschreiben. Darüber hinaus wurde im sogenannten „Pandemie-Gesetz“ eine Änderung der Gemeindeordnung beschlossen, die den Räten das Recht aberkennt, etwaige Haushaltssperren der Kämmerei aufzuheben. Somit wird die demokratische Selbstverwaltung zu einem Privileg auf Widerruf.

Ob der geplante Rettungsschirm realisiert wird, ist derzeit fraglich. Das Land Bayern hat bereits scharf gegen die Koppelung von Altschuldenübernahme und Nothilfe protestiert. Auch Baden-Württemberg reagiert zurückhaltend. Die Städte und Gemeinden müssen weiter warten, während ein Großteil der Krisenlasten bei ihnen abgeladen wird.

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"Kaputtgespart", UZ vom 22. Mai 2020



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