Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem, was die Begriffe Krise, Kapitalismus und Ökologie bezeichnen? Die Marx-Engels-Stiftung hatte zu einer Konferenz am vergangenen Samstag in Essen geladen. Einleitend bemerkte Wolfgang Garbers (Hamm) vom Vorstand der Stiftung, dass „die Krise der Kapitalverwertung und vielfältige Teilkrisen wie Rohstoffknappheit, Klimawandel, Umweltzerstörung, Hunger, Unterentwicklung und Krieg … Eugen Vargas Formel von der ‚allgemeinen Krise des Kapitalismus‘ zeitgemäßer erscheinen (lassen), als so mancher nach 1989 vermutet“ hatte. In diesem Sinne machte sich Winfried Wolf (Berlin), vielfältiger Buchautor und Chefredakteur der Zeitschrift „Lunapark21“, daran, den aktuellen Krisenstand auf verschiedenen Ebenen darzustellen. Wolf gelang es, die tiefer werdenden zyklischen Wirtschaftskrisen, die tiefe, seit 2007 immer noch andauernde weltweite Finanzkrise, die katastrophal sich ausweitende Produktion extremen Reichtums und extremer Armut, die Krise der EU, sowie der Dollar- und US-Hegemonie als gleichzeitig stattfindende Krisenphänomene zu schildern. Auch die Umweltkrise, besser ihre vielen Aspekte, spielten in seinem Tableau eine Rolle. Das war in den Details überzeugend, etwa sein Urteil über den lächerlichen „Hype mit den Elektroautos“. Die ökologische Krise, die Endlichkeit der Ressourcen und der Klimawandel spielen bei Wolf eine wichtige Rolle. Aber sie sind nicht der alles entscheidende Aspekt.
Anders bei Bruno Kern, nach eigener Darstellung früher Marxist und heute Ökosozialist und Marx-Bewunderer. In seinem Vortrag „Ökologische Wende und Systemfrage“ ist es „die umfassende Biosphärenkrise“, in welcher der Kapitalismus „an seine physische Grenze“ stößt. Es gelte jetzt dafür zu sorgen, „eine möglichst weiche Bauchlandung hinzukriegen“, sagte er. Dass diese physische Grenze für den Kapitalismus (und zugleich den „Industrialismus“) unüberwindbar sei, begründete Kern mit der begründeten Behauptung, dass der von Umweltverbänden und Grünen verbreitete „infantile Technikoptimismus“ völlig verfehlt sei. Es gebe keine „Effizienzrevolution“, und die erneuerbaren Energien reichten bei weitem nicht aus, um weitermachen zu können wie bisher. Es gehe jetzt darum, dass „der Konsum in seiner Gesamtheit drastisch heruntergefahren werden“ müsse. Kerns Thesen wurden unterhaltsam vorgetragen. Seine Kritik an den technizistischen Lösungen der Umweltverbände wirkte plausibel. Weshalb aber Ressourcenknappheit dem Kapitalismus den Garaus machen solle, wusste er nicht einmal anzudeuten. Winfried Wolf hatte dazu eine realistischere Auffassung: Zwar gebe es objektive Grenzen (etwa an Ölvorkommen). Aber das Kapital könne auch diese niederreißen.
In der Diskussion der insgesamt etwa dreißig Teilnehmer wurde immer wieder der nahe liegende und vermutlich zutreffende Gedanke vorgetragen, erst mit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und einer geplanten Wirtschaft sei die ökologische Krise zu bewältigen und der Stoffwechsel der Menschheit mit der Natur nachhaltig zu ordnen. Insofern gebe es gute Gründe, um für den Sozialismus zu werben und um ihn zu kämpfen. Zugleich aber könne man mit dem Kampf um die Bewohnbarkeit des Planeten nicht warten, bis der Sozialismus erreicht sei.