Rassistische Sündenbockpolitik dominiert Wahlkampf, soziale Themen spielen kaum eine Rolle

Kapital siegt in Österreich

Von Alexander Melinz

Neue Farbe, neuer Spitzenkandidat, neues Wording: Der Clou der Österreichischen Volkspartei, sich mit Sebastian Kurz als Spitzenkandidaten als „Bewegung“ zu inszenieren, ging auf. Mit 31,4 Prozent ohne Briefwahlstimmen landet die ÖVP auf dem ersten Platz. Kurz und die ÖVP stehen für die Fortschreibung der neoliberalen Politik der vergangenen Jahrzehnte.

Als idealer Koalitionspartner dafür bietet sich die Freiheitliche Partei (FPÖ) an. Mit der Selbstbezeichnung „soziale Heimatpartei“ und dem klassischen FPÖ-Rezept der rassistischen Sündenbockpolitik kaschieren die Blauen gekonnt, dass sie eine Partei der Banken, Konzerne und Hausherren ist. Das freiheitliche Wirtschaftsprogramm deckt sich in großen Zügen mit den Plänen der ÖVP. Beide Parteien wiederum sind von guten Kontakten in die Indus­triellenvereinigung (IV) geprägt, der Interessenvertretung des österreichischen Großkapitals. Nicht zuletzt dadurch erklärt sich, dass die FPÖ im Wahlkampf massiv gegen die Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer Stimmung gemacht hat. Dennoch konnte die FPÖ erneut bei der arbeitenden Bevölkerung punkten und rund 7 Prozent zulegen. Damit konkurriert die FPÖ vor Auszählung der Briefwahlstimmen mit der SPÖ um Platz zwei.

Die Sozialdemokratische Partei (SPÖ) konnte ihre Stimmen halten und sogar leicht zulegen – obwohl sie seit Jahren als williger Erfüllungsgehilfe von Kapitalinteressen auftritt. Aufgerieben wurden die Grünen, die über zwei Drittel ihrer Stimmen verloren. Der Ex-Grüne Peter Pilz, der sich über Jahre einen Ruf als Aufdecker erarbeitet hat, kommt knapp über die Vier-Prozent-Hürde.

Soziale Themen spielten im Wahlkampf keine zentrale Rolle. Die Grünen führten einen für sie klassischen Wahlkampf, der auf Wohlfühlfaktoren setzte. Die Liste Pilz, von vielen dem im weitesten Sinne linken Spektrum zugeordnet, punktete vor allem mit der Person Peter Pilz. Ob die Liste auch soziale Themen in den Fokus setzen wird, bleibt abzuwarten. Der Sieg von ÖVP und FPÖ schafft die Voraussetzungen, den Sozial- und Demokratieabbau – wie er in den Papieren der EU festgeschrieben ist – zu beschleunigen und qualitativ auf eine neue Ebene zu stellen.

Die KPÖ musste mit einem Ergebnis von 0,7 Prozent flächendeckend Verluste hinnehmen. Die Kommunisten haben das Thema Wohnen in den Mittelpunkt ihrer Kampagne gestellt. Zwar konnten beachtliche 7 000 Unterschriften für Mietobergrenzen und die Abschaffung der Maklergebühr für Mieter gesammelt werden, medial wurde die KPÖ jedoch über weite Strecken ignoriert.

Robert Krotzer, Stadtrat der KPÖ in Graz, betonte, dass es vor allem auf konsequente Kleinarbeit ankommt: „Es wird eine große Aufgabe und auch Verantwortung der konsequent linken, fortschrittlichen, sozialistischen, kommunistischen und gewerkschaftlichen Kräfte, diese Politik vor den Augen der Menschen zu entblößen und sichtbar zu machen, dass es sich hierbei um Klassenkampf von oben handelt.“

Mirko Messner, Spitzenkandidat der KPÖ, lobte in einer Stellungnahme den Wahlkampf und die Zusammenarbeit mit den Jungen Grünen und parteilosen Kandidaten. Er verwies auf die vielen positiven Reaktionen, die die KPÖ auf der Straße erhalten hat.

Im Wahlergebnis schlug sich dies freilich nicht nieder. Hier wird es nötig sein, sich das Vertrauen bei der Bevölkerung im Kleinen nachhaltig zu erarbeiten.

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"Kapital siegt in Österreich", UZ vom 20. Oktober 2017



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