IS-Verbindung nach Syrien unterbrochen

Kampf um Mossul und Tal Afar

Von Manfred Ziegler

Tal Afar liegt im Nordwesten des Irak und verbindet Mossul mit Syrien. Ursprünglich war Tal Afar ein osmanischer Militärstützpunkt, die Stadt bildete sich um die Burg herum. Einwohner der Stadt sind Turkmenen, Schiiten und Sunniten und viele der Kader des IS stammen aus Tal Afar. Der Kampf um Tal Afar spiegelt die Probleme des Kampfes gegen den IS im Irak und die Widersprüche der Verbündeten untereinander. Kurdische Peschmerga, schiitische Milizen, die irakische Armee und im Hintergrund das neo-osmanische Projekt Erdogans und turkmenische Milizen vertreten alle ihre jeweils eigenen Interessen.

Schiitische Milizen (Hashd al-Shaabi), denen immer wieder Übergriffe gegen Sunniten vorgeworfen werden, sollten Tal Afar vom Süden, kurdische Peschmerga vom Osten her abschneiden. Im November erklärte ein irakischer Militärsprecher dazu, die Hashd al-Shaabi würden in der Wüste operieren, dürften aber nicht in bewohnte Gebiete von Tal Afar vordringen. Ähnliches verlangte die türkische Regierung. Der Sprecher der Hashd al-Shaabi, Ahmed al-Asadi hingegen erklärte in einem Interview gegenüber dem Sender al-Mayadeen, es gäbe kein Veto gegen den Einsatz seiner Milizen in Tal Afar. Er verlangte seinerseits von der irakischen Regierung, die PKK aus Gebieten um Sinjar zu vertreiben, in denen sie aktuell agierten.

Trotz dieser internen Widersprüche ist es gelungen, die Verbindung des IS nach Syrien zu unterbrechen. Irakische Einheiten haben mittlerweile den IS aus den Gebieten Mossuls, die östlich des Tigris liegen, vertrieben. Im Westteil der Stadt, in dem vermutlich noch 700 000 Menschen leben, steht den irakischen Truppen der heftigste Widerstand von Seiten des IS womöglich noch bevor. Aber schon jetzt hat der Kampf um Mossul der humanitären Katastrophe im Irak ein weiteres Kapitel hinzugefügt.

Die Luftangriffe der USA zerstören die Infrastruktur, Brücken, Schulen. Die Wasserversorgung der Stadt ist zusammengebrochen, Preise für Grundnahrungsmittel steigen immer weiter. Medizinische Versorgung ist nur in Erbil möglich. Hunderttausend oder mehr Flüchtlinge aus Mossul müssen versorgt und untergebracht werden – und das kommt zusätzlich zu ca. 10 Millionen Menschen allein im Irak, die bereits jetzt auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Auch wenn in den nächsten Monaten der IS militärisch aus Mossul vertrieben wird, bleiben die Widersprüche zwischen den verschiedenen Akteuren bestehen. So gibt es zwar ein Abkommen, nach dem die Türkei ihre Truppen aus dem Irak abzieht. Ein Termin hierfür ist aber nicht festgelegt. In der Vergangenheit war Mossul eine kulturell vielfältige Stadt, in der Sunniten und Schiiten, Araber, Turkmenen, Kurden, Assyrer und Jesiden lebten. Die Konflikte vor allem zwischen Sunniten und Schiiten brachen auf, als die USA nach der Eroberung des Irak einen Regierungsrat installierten, der auf religiösen und ethnischen Gruppierungen basierte.

Das Kalifat, das IS ausgerufen hatte, war auch das Ergebnis von jahrelanger Bedrückung der Sunniten durch die Zentralregierung und der Revolte gegen sie. Die Realität der Herrschaft des IS in Mossul erwies sich als schlimmer.

Eine Lösung bietet allein ein nationaler Interessenausgleich und die Wiederherstellung einer irakischen Identität. Vorerst scheint keiner der Akteure im Kampf um Mossul dazu gewillt.

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"Kampf um Mossul und Tal Afar", UZ vom 10. Februar 2017



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