Hunderte verletzte Palästinenser, Blendgranaten, Gummigeschosse und scharfe Munition in Jerusalem und der Westbank. Luftalarm, Schließung von Schulen, Straßen und Bahnstrecken, die Evakuierung der Knesset wegen Raketenangriffen aus Gaza und israelische Angriffe auf Gaza – der Kampf um Jerusalem eskaliert.
Der Ostteil von Jerusalem sollte einmal die Hauptstadt eines zukünftigen palästinensischen Staates werden. Doch so, wie der palästinensische Staat von israelischen Sicherheitsinteressen und Siedlungen zerstückelt wird, geschieht es auch in Jerusalem. Die israelische Regierung schloss die arabischen Einwohner von Jerusalem von der geplanten Wahl zum palästinensischen Parlament aus, arabische Gläubige wurden während des Ramadan von der Polizei drangsaliert und schließlich sollen arabische Bewohner in der Altstadt aus ihren Häusern vertrieben werden.
Vor allem an der geplanten Vertreibung entzündete sich der Protest der überwiegend arabischen Demonstranten in Jerusalem und darüber hinaus auf der Westbank. Amnesty International spricht von unangemessenem und übertrieben hartem Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte gegen palästinensische Demonstranten und fordert ein Ende der Vertreibung von Palästinensern aus Jerusalem.
Der türkische Präsident Erdogan stellt sich wieder einmal als Schutzherr der palästinensischen Sache dar und nennt Israel einen „Terrorstaat“. Abgeordnete des US-Kongresses forderten eine scharfe Verurteilung des israelischen Vorgehens durch die Biden-Regierung. Doch die US-Regierung gibt sich „tief besorgt“, lobt Israels Anstrengungen, die Spannungen zu vermindern und betont „Israels Recht auf Selbstverteidigung“.
Nachdem Israel die palästinensische Wahl für Jerusalem verboten und die Autonomiebehörde unter Abbas das Verbot zum Anlass genommen hatte, die Wahlen abzusagen, änderte die Hamas ihre bisherige Position. Sie erklärte Jerusalem zur roten Linie und verlangte von der israelischen Regierung, ihre Sicherheitskräfte von der al-Aqsa-Moschee zurückzuziehen. Anderenfalls würde sie Maßnahmen ergreifen.
Nachdem das Ultimatum ergebnislos verstrichen war, machte die Hamas ihre Drohung wahr. Mit Raketenangriffen auf Jerusalem und das Umland des Gazastreifens brachte sie dort das öffentliche Leben zum Stillstand. Der vielgepriesene „Iron Dome“ konnte nicht alle Raketen abfangen. In Aschkelon wurden 31 Personen durch Raketen verletzt. Bei israelischen Luftangriffen auf Gaza wurden bis Dienstag früh mindestens 25 Menschen getötet.
Die Tiefe der gegenwärtigen Krise zeigen Vorfälle im israelischen Lod, 40 Kilometer nordöstlich von Jerusalem. Dort haben arabische Israelis die palästinensische Flagge anstelle der israelischen gehisst, in Schießereien wurden dort drei junge arabische Israelis verletzt, einer davon lebensgefährlich.
Das abschließende Urteil zur Vertreibung der palästinensischen Familien aus Jerusalem wurde verschoben. Aber von Entspannung keine Spur. Das israelische Militär bereitet sich auf eine große Offensive gegen Gaza vor.