CSU und AFD im Konkurrenzkampf, wer beim Rechtsruck den Ton angibt

Kampf um die Lederhose

Von Ursula Vogt

Die Umfragen sahen die CSU kurz vor dem Wahlsonntag bei 47 Prozent. Heraus kamen dann 38,5 Prozent, über 10 Prozentpunkte weniger als bei den Bundestagswahlen 2013. Erklärung Horst Seehofer: „Und wir hatten da in der Union eine offene rechte Flanke, die ist von den politischen Wettbewerbern genutzt worden.“

Dass die CSU es mit dem Raushalten der Flüchtlinge ernst meint, nahm ihnen der sich überfremdet fühlende Bayer nicht mehr so ganz ab. Und die CSU hatte sich doch solche Mühe gegeben, mit Integrationsgesetz und Obergrenze. Sicherheitshalber wurde die Merkel abgewatscht, deren diesbezügliche Verdienste (Türkei, Libyen etc.) am Stammtisch noch nicht richtig angekommen sind. Vor allem in den grenznahen östlichen Regionen Bayerns (z. B. Passau, Deggendorf, Straubing) punktete die AfD. Was ein wirklich Überfremdeter ist, der mag den Seehofer nicht mit der Merkel kuscheln sehen.

Mit der Treffsicherheit von Trüffelschweinen griff das die AfD auf: „Die AfD hält, was die CSU verspricht.“ Von den AfD-Unterstützern „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlicher Freiheiten“ kamen dann kurz vor der Wahl Plakate, die verkündeten, dass Franz Josef Strauß die AfD wählen würde. Die AfD tat angenehm überrascht, bedankte sich artig und verkündete durch ihren Landesvorsitzenden Bystron, die CSU sei so weit nach links gerückt, dass Strauß da seine politische Heimat nicht mehr finden würde. Seiner, Bystrons, Ansicht nach hätte Strauß 2015 die ersten Züge mit Flüchtlingen nach Berlin umgeleitet und dann die Grenzen geschlossen. Das saß. Die CSU schäumte. Seehofer weiß, dass die AfD damit in ureigenstes CSU-Terrain einbricht, nämlich das Image der CSU als Bewahrerin des Bajuwarentums, der Leitkultur, der Werte unserer fast paradiesisch schönen Heimat. „Viele Menschen haben Angst vor dem Verlust der kulturellen Identität.“

Jetzt geht es um die Landtagswahlen 2018 in Bayern. Die Stimmen in der CSU gegen Seehofer wurden schnell laut. Der sich als Kronprinz gerierende Markus Söder hielt sich klug zurück, obwohl gerade aus seiner Heimatregion Franken die Forderung nach einem anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl kam. Karl-Theodor zu Guttenberg, den Seehofer immer wieder ein wenig hätschelt und tätschelt (und dabei auf Söder schielt, ob der sich auch ordentlich ärgert), schlaumeierte aus der US-amerikanischen Heimat und warnte vor „Jamaika“, weil man da Positionen aufgeben müsse. Ist ja auch schwierig: Einerseits in Berlin mitregieren wollen, andrerseits nicht Positionen (Obergrenzäääää) an die AfD abtreten.

Die CSU hat mehrere Optionen. An Seehofer festhalten und mit ihm als Spitzenkandidaten die Landtagswahl bestreiten ist die eine. Traditionell werden jedoch in der CSU Wahlkampfniederlagen gnadenlos zum Befeuern der eigenen politischen Karriere ausgenutzt. Möglicherweise dämpft der Erfolg der AfD etwas die Lust am Königsmord. Drei Tage nach der Wahl nahm sich Seehofer seine Kritiker in einer nicht öffentlichen Sitzung der Landtagsfraktion zur Brust. Söder schwenkte ein: „Ich war schon vor der Wahl gegen Personaldebatten. Wir schaffen es nur gemeinsam, nicht einsam“, sagte er nach Teilnehmerangaben in der Sitzung. Politisch will man die AfD an Themen wie Rente, Steuern als inkompetent vorführen, gemäß dem Image „mit Laptop und Lederhose“ die eigenen Leistungen hervorheben und das Eindringen der AfD in die Lederhosenmentalität zurückweisen. Denn, mischte sich der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber ein, die CSU habe den Anspruch, die absolute Mehrheit der Bevölkerung vertreten zu dürfen. Die dritte Option: Seehofer die Verhandlungen zur Regierungsbildung in Berlin führen lassen und ihn bei Nichtgefallen wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. So könnte die CSU rechte Flanken besetzen, unabhängig von „Zugeständnissen“, die in Berlin gemacht wurden.

Wir beobachten angewidert die Anmaßung von zwei ultrareaktionären Vereinigungen, für das Volk zu reden und vorzugeben, dass das wahre Volk auf der rechten Flanke lungert. Das Volk wird gut daran tun, sich nicht auf die Wahl zwischen Pest und Cholera einzulassen, sondern die Stimme links abzugeben und vor allen Dingen in den Betrieben und auf der Straße Position zu beziehen: Gegen die, die sich aufmandeln gegen arme Teufel, die zu uns flüchten müssen, die aber buckeln vor den Reichen, die mit ihrem Geld ins Ausland flüchten.

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"Kampf um die Lederhose", UZ vom 6. Oktober 2017



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