Dreimal waren die Verhandlungsrunden für einen Konzerntarifvertrag beim Klinikkonzern Sana ergebnislos zu Ende ausgegangen. Immer wieder erinnerten die Beschäftigten mit aktiven Mittagspausen, Sticker- und Plakataktionen an ihre Forderungen: 8 Prozent mehr bei einem Jahr Laufzeit, mindestens 150 Euro mehr, 100 Euro mehr für Azubis, ein dreizehntes Monatsgehalt, Gehaltsaufstieg auch bei Langzeitbeschäftigten und anderes mehr.
Am vergangenen Freitag begann bei Sana die nächste Phase der Tarifauseinandersetzung. Das Klinikum Hof in Bayern trat mit 50 Prozent der Belegschaft in den Warnstreik – und das zum ersten Mal überhaupt. Mit einer kraftvollen Demonstration gingen sie an die Öffentlichkeit und bekräftigten lautstark ihre Forderungen. Am 19. und 20. Oktober folgt das Klinikum Berlin-Lichtenberg mit einem zweitägigen Warnstreik.
Begleitet werden die Arbeitskampfmaßnahmen von mehreren aktiven Mittagspausen in einigen anderen Sana-Kliniken. Im Vorfeld versuchte die Geschäftsführung, die Belegschaften mit ihrem Angebot zu spalten. Anfangs sollte überhaupt nur die Pflege etwas bekommen, und natürlich nur wenig. Jetzt soll das nichtpflegerische Personal gelockt werden mit einer scheinbar hohen Einmalzahlung. Genauer gesagt: Alle, die keine staatliche Corona-Pauschale erhalten. Die Einmalzahlung soll erkauft werden durch Verzicht auf Gehaltssteigerungen bis Oktober 2023. Dieses Angebot wurde in den meisten Teams empört abgelehnt. Leider nicht überall.
Im Klinikum Lichtenberg tauchten in der letzten Woche Werbeplakate der Geschäftsführung auf, die suggerierten, man habe 4.500 Euro Einmalzahlung für alle angeboten. Was nicht der Fall ist. Die ver.di-Betriebsgruppe ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, diese billige Reklame mit einer fundierten Argumentation als Flugblatt direkt zu kommentieren. Einige Beschäftigte griffen selbst zum Farbstift und nutzten die angebotenen Flächen für drastischere Formulierungen. Für Stimmung sorgte nicht zuletzt auch die Ablehnung einer Notdienstvereinbarung durch die Geschäftsführung. Angesichts der deutlich zu bemerkenden Streikvorbereitungen im Betrieb rückte sie von dieser harten Haltung inzwischen etwas ab. Zu Redaktionsschluss zeichnete sich der Abschluss einer Notdienstvereinbarung ab.
Am ersten Streiktag wird es eine Demonstration vom Klinikgelände über die Frankfurter Allee durch den Stadtteil Lichtenberg geben. Sie wird – wie der ganze Streik – von der Berliner Krankenhausbewegung unterstützt, die im vergangenen Jahr die Streikbewegung an Charité und Vivantes für einen Entlastungstarifvertrag getragen hatte. Am zweiten Streiktag wird zum Ort der geplanten vierten Tarifverhandlungsrunde in der ver.di-Bundesverwaltung mobilisiert. Dort werden die Streikenden den Sana-Geschäftsführer Ecke empfangen und lautstark begrüßen, damit er die gestellten Forderungen nicht vergisst.
Die Tarifrunde bei Sana hat für die anstehenden Verhandlungen bei den anderen privaten Klinikbetreibern eine Pilotfunktion. Daher hängt vieles vom Erfolg bei Sana ab. Alle Krankenhaus-Konzerntarife liegen unter dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Bei Sana sind es immerhin 10 Prozent Lohnrückstand.
In den aktuellen Lohnkämpfen der Kliniken geht es natürlich um die Sicherung des Reallohns angesichts der starken Preissteigerungen. Die Sana-Geschäftsführung beharrt darauf, dass hauptsächlich die Unternehmensseite Leidtragende einer wirtschaftlichen Schieflage sei. Weggefallene Corona-Ausgleichs- und Freihaltezahlungen werden beklagt. Tatsächlich hatte der Konzern im letzten Jahr 67 Millionen Euro Plus gemacht. Geld zum Verteilen ist also da.