Der sechste Fall für Hauptkommissar Marthaler

Kalt und heiß

Von Uli Brockmeyer

kalt und heiss - Kalt und heiß - Marthaler, Rezensionen / Annotationen, Seghers - Kultur

Jan Seghers

Menschenfischer

Kindler Verlag

432 Seiten, 19,95 Euro

Als Robert Marthaler mitten in der Nacht einen Anruf von seinem früheren Kollegen Rudi Ferres erhält, ahnt keiner von beiden, in welchen Wust von Ereignissen der Hauptkommissar der Frankfurter Polizei hineingezogen wird. Vor Jahren war die Mordkommission unter der Leitung von Ferres mit dem Fall eines auf grauenvolle Weise ermordeten und verstümmelten 13-jährigen Jungen beschäftigt, den eine Sonderkommission der Polizei, der zeitweise bis zu 150 Spezialisten angehörten, trotz aller Bemühungen nicht lösen konnte. Nun, fünfzehn Jahre später, meint der inzwischen pensionierte Ferres, der sich nach Südfrankreich zurückgezogen hat, eine neue Spur zu kennen und bittet Marthaler um seine Unterstützung. Der macht sich auf den Weg nach Frankreich, obwohl seine Kollegen genau in diesen Tagen einen aufsehenerregenden Anschlag mit vielen Toten und Verletzten mitten in Frankfurt aufzuklären haben, bei dem unverzüglich der Verdacht eines politisch motivierten Terroranschlages im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Besuch von USA-Präsident Obama aufkommt.

An der französischen Südküste lässt sich Marthaler zunächst widerwillig darauf ein, sich neue Ideen seines Ex-Kollegen zur Lösung des längst als „kalt“ deklarierten Falles des Jungen Tobias Brüning anzuhören. Zwar kann er nicht erkennen, ob Ferres tatsächlich eine Spur aufgetan hat, aber ein offensichtlich als Mordanschlag auf ihn geplanter Angriff, dem er schwer verletzt entkommen kann, bestärkt ihn in der Absicht, sich des 15 Jahre zurückliegenden Falles anzunehmen.

Zurück in Frankfurt wird Marthaler zunächst in den Fall der Schießerei im „Wintergarten“ einbezogen, bei dem sich inzwischen eindeutig herausgestellt hat, dass es keinerlei Zusammenhang mit dem US-Präsidenten gibt. Mitten in den umfangreichen Ermittlungen gibt es einen neuen „heißen“ Fall. Zwei Jungen, offenbar Roma und mehrfach sexuell missbraucht, werden auf die gleiche Weise ermordet wie 15 Jahre zuvor Tobias Brüning. In die Ermittlungen werden Kollegen aus Wiesbaden einbezogen, darunter die resolute, ein wenig ungewöhnlich auftretende und agierende Kommissarin Kizzy Winterstein, die sowohl jüdische als auch Roma-Vorfahren hat und deshalb zumeist in Fällen eingesetzt wird, bei denen es um Verbrechen im Zusammenhang mit Minderheiten geht. Mar­thaler, der gerade von seiner langjährigen Freundin und Geliebten Tereza einen endgültigen Laufpass erhalten hat, fühlt sich wohl in der Zusammenarbeit mit Kizzy, was offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruht und der Aufklärung des neuen „heißen“ Falles eindeutig Auftrieb verschafft.

Die Ausstrahlung einer Dokumentation über den Fall Brüning, wofür die TV-Leute ein altes Phantombild des mutmaßlichen Mörders digital bearbeitet haben, bringt schließlich den entscheidenden Hinweis und letztlich die Erkenntnis, dass alle drei Fälle in einem aktuellen Zusammenhang stehen.

Jan Seghers alias Mathias Altenburg hat wieder einen spannenden Krimi geschrieben, bei dem der äußerst sympathische Robert Marthaler im Mittelpunkt steht und der auch die Wiederbegegnung mit etlichen seiner Kollegen aus den früheren fünf Fällen bringt. Freunde des Hauptkommissars können nun hoffentlich bald einen neuen, siebten Fall erwarten.

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"Kalt und heiß", UZ vom 21. Dezember 2018



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