Vor wenigen Tagen enttarnte die Göttinger Gruppe Basisdemokratische Linke (IL) einen V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Der 24-jährige Student war als sogenannte Vertrauensperson beschäftigt. Unter seinem Klarnamen hat er beinahe zwei Jahre linke Aktivistinnen und Aktivisten ausgeforscht. Für die Enttarnung lieferte der Verfassungsschutz die nötigen Hinweise unfreiwillig selbst, als er im Zuge eines Auskunftsersuchens versehentlich interne Dokumente rausgab.
Für die von der Überwachung betroffenen Aktivistinnen und Aktivisten stellt dieser Einsatz einen massiven Eingriff in ihre politischen Grundrechte und in ihre Privatsphäre dar. Es stellt sich die Frage, was eine so umfangreiche Überwachung einer universitären Gruppe politisch rechtfertigt. In den letzten Jahren gab es mehrere solcher Fälle, zum Beispiel in Hamburg oder Heidelberg.
Den Repressionsbehörden und dem Geheimdienst geht es beim Einsatz von V-Leuten zum Einen um Strukturermittlung. Alle Personen und Gruppen, die für eine solidarische Gesellschaft jenseits kapitalistischer Ausbeutung arbeiten, sind suspekt und gehören aus staatlicher Sicht erfasst, katalogisiert und bekämpft. Zum Anderen soll die konkrete Überwachung oder auch nur die Gefahr, von dieser betroffen zu sein, einschüchternd wirken und von linkem Engagement abhalten. Wir sollen uns nicht mehr vertrauen und in allen und jeder eine potenzielle Gefahr sehen.
Genau hier sollten wir ansetzen und das Gegenteil tun. Das beste Mittel gegen staatliche Infiltration und Überwachung sind politische Organisationen, in denen sich die Mitglieder gut kennen, Freundschaften pflegen und einen solidarischen Umgang miteinander haben. Es gilt, wachsam zu sein, ohne in Panik zu verfallen.
Der Verfassungsschutz agiert nicht im luftleeren Raum, er ist politischer Akteur. Nicht erst seit den Hetzjagden auf Migrantinnen und Migranten in Chemnitz und den relativierenden Aussagen von Hans-Georg Maaßen wissen wir, dass die Arbeit des VS eng mit der politischen Rechtsentwicklung verbunden ist. Dieser müssen wir uns in der kommenden Zeit gemeinsam und in gut aufgestellten Bündnissen politisch offensiv entgegenstellen. Neben der öffentlichen Thematisierung dieser skandalösen Bespitzelung aktiver Studierender und der nötigen Solidarität mit den Betroffenen kommt dem politischen Kampf gegen die neuen Polizeigesetze eine enorme Bedeutung zu.
Der Autor ist Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.