Zum Berufungsverfahren im Fall Assange

Justizmord auf Raten

Der Rachefeldzug gegen Julian Assange ist in den USA Chefsache. Jüngst erst wurden Pläne des US-Geheimdienstes bekannt, den Journalisten und Wikileaks-Gründer „zu töten, zu entführen oder zu vergiften“. Der frühere CIA-Direktor und Ex-Außenminister Mike Pompeo hat das Komplott 2017 – angestiftet von Präsident Donald Trump – ausarbeiten lassen, nachdem Wikileaks mit „Vault 7“ Überwachungsprogramme der CIA enthüllt hatte. US-Präsident Joseph Biden setzt das Mordvorhaben gegen Julian Assange jetzt auf juristischem Weg fort. Washingtons Anwälte drängen in Britannien weiter auf seine Auslieferung an die USA, wo ihm 175 Jahre Gefängnis drohen. An Assange wird brutal und ohne jede Rücksicht ein Exempel statuiert: Wer ein Video wie „Collateral Murder“ veröffentlicht, das Kriegsverbrechen der US-Armee an Zivilisten im Irak in das kollektive Gedächtnis der Menschheit gebrannt hat, ist seines Lebens nicht mehr sicher.

Seit nunmehr zweieinhalb Jahren ist Julian Assange als politischer Gefangener im britischen Belmarsh wie ein gemeingefährlicher Schwerstkrimineller und Topterrorist inhaftiert. Am Ende des Rechtsweges soll eine mögliche Auslieferung an die USA sichergestellt sein. Nach sieben Jahren Isolation davor schon in seinem politischen Asyl in der Botschaft Ecuadors in London ist der Gesundheitszustand von Julian Assange alarmierend. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit wird der mutige Journalist und großartige Intellektuelle physisch wie psychisch zerstört.
Julian Assange ist ein Simulant und US-amerikanische Supermax-Gefängnisse schützen sicher vor Selbstmord – auf diesen so dreisten wie zynischen kurzen Nenner lässt sich die Argumentation der US-Ankläger im laufenden Berufungsverfahren in London bringen. Von Isolation in US-Haft könne gleich gar nicht gesprochen werden, wenn ein Gefangener regelmäßig seine Anwälte treffen dürfe. Washington werde zudem keine „Spezialmethoden“ anwenden, legen Bidens Justiziare als diplomatische Zusage weiter in die Waagschale. Ein Hohn angesichts der gerade publik gemachten CIA-Pläne.

Die weitere Inhaftierung von Julian Assange ist eine Umsetzung des Mordkomplotts mit anderen Mitteln, ein Justizmord auf Raten. Der Kampf um seine Freilassung bleibt vordringliche Aufgabe.

Sevim Dagdelen ist Außenpolitikerin der Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag.

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"Justizmord auf Raten", UZ vom 5. November 2021



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