Minden: Rechtslastiger Lehrer an Waldorf-Schule

Jugend forscht

Von Birgit Gärtner

In Minden könnte die Neugier zweier Waldorf-Schülerinnen ihren rechtslastigen Lehrer den Job kosten.

Die beiden Schülerinnen hatten im April dieses Jahres den Namen ihres Werken- und Kunstlehrers Wolf-Dieter Schröppe bei „Google“ eingegeben und so herausgefunden, dass dieser Vorsitzender des Vereins „Ahnenstätte Conneforde“ sei. Konkret heißt das, der Waldorf-Pädagoge steht einem Verein vor, der einen Friedhof, einen so genannten Heiden-Friedhof, verwaltet, auf dem – unter echten „deutschen“ Eichen – auffallend viele Nazis ihre letzte Ruhe fanden: darunter NSDAP-Mitglieder, SS-Männer, Holocaust-Leugner sowie Gertrud Herr, stramme Nazisse aus Hamburg-Blankenese, ehemalige Führerin des „Bund Deutscher Mädel“ und gute Freundin des Nazi-Anwalts Jürgen Rieger, der als ihr „politischer Ziehsohn“ bezeichnet wird.

Der Verein wurde 1958 unter Mithilfe von Marie Adelheid Reuß-zur Lippe, NSdAP-Mitglied seit 1930, genannt „die braune Prinzessin“, gegründet. Den Vorsitz übernahm Schröppe 2008 von Alfred Manke, einem Gründungsmitglied der niedersächsischen NPD, der 1972 für die Nazi-Partei für den Bundestag kandidierte. Auch Manke ist inzwischen in den ewigen deutschen Eichenhain eingekehrt.

Schröppe, der seit 20 Jahren an der Freien Waldorfschule Minden tätig ist, war bis 2001 Mitglied im „Bund Deutscher Unitarier“. Auch an dessen Gründung war die „braune Prinzessin“ beteiligt und dessen Vermögen fällt laut Satzung bei Auflösung an die Ahnenstätte Conneforde. Außerdem publiziert er munter in rechten Verlagen, spekuliert z. B. in einem Aufsatz über Hoffmann von Fallersleben über den Einfluss der Hochfinanz, u. a. der Rothschilds. Mitsamt seiner Familie soll er 2005 an einem Treffen der rechtsextremen „Artgemeinschaft“ in Thüringen teilgenommen haben. Zu dem Zeitpunkt wurde die Nazi-Sekte von Jürgen Rieger geführt, dem politischen Ziehsohn jener Gertrud Herr, die in der „Ahnenstätte Conneforde“ im Schatten deutscher Eichen ewiglich ruht.

Im April informierten die beiden Schülerinnen die Schulleitung über Schröppes Vorsitz in dem obskuren Friedhofs-Verein. Die Schulleitung zog die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ aus Herford hinzu, die den Fall genau untersuchte. Zwei Monate später wurde auf der Schulversammlung, bestehend aus Schülerinnen und Schülern, Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen, über das Ergebnis der Herforder Rechtsextremismus-Experten diskutiert – und letztendlich für den Verbleib Schröppes an der Schule gestimmt. Weil der Lehrer eine Affinität zu rechtem Gedankengut weit von sich wies und als Pädagoge und Kollege sehr beliebt ist. Einen Tag später gab die Schulleitung trotzdem dessen Suspendierung bis zum Ende der Schulferien in NRW bekannt.

Nun schaltete sich der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) ein, und fordert die Entlassung Schröppes. Andernfalls könne gegebenenfalls die Mindener Waldorfschule aus dem Verbund ausgeschlossen werden. Außerdem kann die Bezirksregierung Detmold Schröppe die Lehrbefähigung entziehen.

Sowohl die Freie Waldorfschule Minden als auch der BdFWS distanzierten sich in öffentlichen Verlautbarungen von völkischem Gedankengut. Auf ihrer Webseite ist jedoch zu lesen: „Auf dem Welt- und Menschenbild Rudolf Steiners und seiner daraus entwickelten Pädagogik fußend, will die Waldorfschule in Minden die ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu selbstständigen und urteilsfähigen Menschen erziehen …“

Nun ist es mit dem Welt- und Menschenbild Rudolf Steiners aber so ‘ne Sache: Dessen Ideologie basiert auf der Annahme, dass die Menschen verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen und dabei verschiedenen „Rassen“ angehören. In der Welt Steiners spielt die „weiße Rasse“ eine bedeutende Rolle: „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geist schaffende Rasse.“ Und innerhalb der „weißen Rasse“ haben die „Germanen“ eine herausragende Mission, sie sind es, die die „Menschheitsentwickelung“ voranbringen. Die „Germanen“ – sprich: die „Deutschen“ – sind laut Steiner ein auserwähltes Volk.

Im Gegensatz zu den Menschen in Afrika, die seiner Ansicht nach an sich selbst zugrunde gehn: „Wenn die Neger nach dem Westen auswandern, da können sie nicht mehr soviel Licht und Wärme aufnehmen wie in ihrem Afrika. … Daher werden sie kupferrot, werden Indianer … Das können sie nicht aushalten. Daher sterben sie als Indianer im Westen aus, sind wiederum eine untergehende Rasse, sterben an ihrer eigenen Natur…“ Steiners Ideenwelt passt wie die Faust aufs Auge zu der Ideologie der Kreise, in denen Schröppe sich bewegt.

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"Jugend forscht", UZ vom 24. Juli 2015



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