Russische Föderation erkennt die Volksrepubliken an

Jubel im Donbass, Entsetzen im Westen

Am Montagabend unterzeichnete der Präsident der Russischen Föderation (RF), Wladimir Putin, einen Erlass zur Anerkennung der Donezker und der Lugansker Volksrepublik. Sofort im Anschluss unterzeichnete er jeweils einen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung mit den Staatsoberhäuptern der beiden Republiken, Denis Puschilin und Leonid Pasetschnik, die in Moskau anwesend waren. Die Verträge sehen unter anderem eine breite Zusammenarbeit im Bereich von Kultur, Wirtschaft, Außenpolitik und Verteidigung sowie ein Abkommen über die doppelte Staatsbürgerschaft vor. Putin bat die Föderationsversammlung der RF um Unterstützung der Anerkennung. Am Dienstag haben sowohl die Staatsduma der RF als auch die Parlamente beider Volksrepubliken die Freundschaftsverträge ratifiziert.

In den Erlassen zur Anerkennung heißt es unter anderem: „Entsprechend dem Ersuchen des Oberhaupts der Volksrepublik Donezk stellt das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation sicher, dass die Streitkräfte der Russischen Föderation bis zum Abschluss des in Absatz 3 dieses Erlasses genannten Vertrags friedenserhaltende Aufgaben im Hoheitsgebiet der Volksrepublik Donezk wahrnehmen.“

Der Vorsitzende des Komitees der Staatsduma für Angelegenheiten der GUS, eurasische Integration und Verbindungen zu Landsleuten, der Kommunist Leonid Kalaschnikow, sagte am Dienstagmorgen, dass er den Einsatz russischer Friedenstruppen für sicher halte. Er wies auch darauf hin, dass die Anerkennung der Volksrepubliken in den Grenzen der ehemaligen Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk der Ukraine erfolge. Dies entspricht den in den Verfassungen der Volksrepubliken festgeschriebenen Grenzen. Damit würde der Anspruch auf die ganzen Gebiete, in denen die Referenden über die Unabhängigkeit stattfanden, anerkannt, auch wenn Teile davon derzeit von der ukrainischen Armee besetzt sind.

Im Donbass gab es trotz Krieg und Ausgangssperre an vielen Orten Feuerwerke und Autokonvois.

Die ukrainischen Angriffe auf den Donbass gingen am Montag und in der Nacht auf den Dienstag verstärkt weiter, es gibt mehrere Tote und Verletzte, an vielen Orten ist die Strom- und Wasserversorgung aufgrund von Schäden an der Infrastruktur durch die Angriffe ausgefallen.

USA, NATO und EU kündigten weitere Sanktionen gegen Russland, russische Unternehmen und Banken sowie gegen an der Anerkennung beteiligten Einzelpersonen an.

Der Entscheidung Putins war am 15. Februar in der Staatsduma die Annahme einer von der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF) eingebrachten Entschließung vorausgegangen, in der der Präsident der RF aufgefordert wurde, die Donezker und die Lugansker Volksrepublik als souveräne Staaten anzuerkennen.

Die Abgeordneten weisen in ihrem Beschluss darauf hin, dass die Ukraine, deren Regierung sich positiv auf die faschistischen Kollaborateure mit Nazideutschland bezieht, seit fast acht Jahren Krieg gegen den Donbass führt und eine vollständige Wirtschaftsblockade verhängt hat, während sie die in den Minsker Vereinbarungen vorgesehenen direkten Verhandlungen mit Vertretern der Volksrepubliken sowie alle anderen Regelungen dieser Vereinbarungen boykottiert. (siehe Artikel unten) „Eine solche Anerkennung wird die Grundlagen schaffen, um Sicherheitsgarantien und den Schutz ihrer Völker gegen äußere Bedrohungen und gegen die Umsetzung einer Politik des Genozids gegen die Einwohner der Republiken zu gewährleisten“, heißt es in der Resolution der Duma.

In der Begründung wird auf die Verschärfung der Lage im Donbass hingewiesen. Die Angriffe von Seiten der Ukraine haben nach einer relativ ruhigen Phase seit Anfang Februar wieder zugenommen. Es gibt Verletzte und Tote, auch unter der Zivilbevölkerung, Strom- und Wasserversorgung ganzer Ortschaften werden immer wieder unterbrochen. Die Regierung beider Republiken organisieren in Zusammenarbeit mit Russland die Verbringung vor allem von Frauen mit kleinen Kinder und alten Menschen in den Schutz der Russischen Föderation. Eine allgemeine Mobilisierung wurde ausgerufen.Sowohl von Seiten der Volksrepubliken als auch von Seiten Russlands wird auf Pläne zu einem breit angelegten Angriff hingewiesen, der mit einer Provokation von Seiten der Ukraine beginnen könnte. Bereits im Vorfeld der Parlamentsdebatte hatten auch Abgeordnete der KPRF deutlich gemacht, dass eine Anerkennung der Republiken die direkten Verhandlungen zwischen dem Donbass und der Ukraine, die von der Ukraine bisher vollständig verweigert werden, nicht ersetzen kann. Allerdings kann der Beschluss den Druck auf die Ukraine erhöhen, solche Verhandlungen über eine zukünftige friedliche Koexistenz endlich zu führen.

Diese Auffassung vertrat auch der ständige Vertreter der RF beim UN-Sicherheitsrat, Wassili Nebensja, bei der von westlichen Staaten einberufenen UN-Sicherheitsratssitzung am Dienstagmorgen: „Aus einigen Auftritten kann man heute entnehmen, dass eine Reihe unserer Kollegen bereit sind, die Minsker Vereinbarungen zu begraben. Aber ich möchte daran erinnern, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Minsker Vereinbarungen die LVR und die DVR bereits ihre Unabhängigkeit ausgerufen hatten. Die Tatsache, dass Russland sie heute anerkannt hat, ändert gar nichts an den Konfliktparteien der Minsker Vereinbarungen, weil Russland eine solche nicht ist. Wir haben dies mehrfach erklärt und so hat sich in diesem Bereich nichts geändert. Eine andere Sache ist es, dass die Minsker Vereinbarungen schon lange offen von der Ukraine mit Zustimmung unserer westlichen Kollegen sabotiert wurden.“ Auch die Volksrepublik China rief zu weiterem Dialog auf, ohne aber die russische Entscheidung in irgendeiner Weise in Frage zu stellen.

In der Nacht nach der Anerkennung der Volksrepubliken durch die RF gingen die Angriffe der Ukraine auf den Donbass und die Terroranschläge auf dem Gebiet der Republiken weiter. Die KP der DVR, die die Anerkennung der Souveränität durch die RF sofort begrüßte, ruft anlässlich der Lage im Donbass zu Solidaritätsaktionen von Bruderparteien in der ganzen Welt mit den Volksrepubliken des Donbass auf.

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"Jubel im Donbass, Entsetzen im Westen", UZ vom 25. Februar 2022



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